Besprechung (Gus)
Klezmer.de war in Jena auf dem
Konzert von Goran Bregovic mit der “wedding
and funeral band”.
Bericht vom ersten Konzert Goran
Bregovic‘s in Deutschland.
Für mich war es das erste Mal in
Jena; ein weiter Weg vom Süden der Republik
in den ehemaligen Osten. Wir waren eine ganze
Gruppe, die sich extra zum Konzert in Jena zusammenfand.
Ein Teil kam aus München, ein anderer Teil aus
Berlin. Nur für ein Konzert ist das ein weiter
Weg; auch ich hatte mir überlegt, ob sich die
Strapazen lohnen würden.
Wir kamen also in Jena an und waren
erst mal erschlagen von der Stadt (hunderte
Plattenbauten). Nach einem heftigen Kontakt
mit der örtlichen Küche und einem anschließenden
doppelten Kräuterschnapps, der unsere Innereien
wieder einigermaßen ins Gleichgewicht brachte,
wurde die Konzertarena in der Jenaer Innenstadt
für das Publikum (uns inklusive) geöffnet.
Nebenbei: Zufällig waren wir im
gleichen Hotel abgestiegen wie Goran Bregovic
und ein Teil der Musiker. Diese kamen etwa zur
gleichen Zeit im Hotel an wie wir, also ziemlich
spät.
Entsprechend hat vor dem Konzert
auch noch kein Soundcheck stattgefunden. Dieser
wurde erst kurz vorher nachgeholt. Innerhalb
von 45 Minuten soll ihn der Meister selbst in
Windeseile durchgeführt haben.
Nun zum Konzert:
Zu Beginn hatten die Musiker noch
ein wenig mit den Monitoren zu kämpfen, aber
nach ein paar wilden Handbewegungen in Richtung
Mischpult war der Sound perfekt justiert.
Das erste Lied startete mit kleiner
Besetzung. Erst beim zweiten Stück kam Goran
Bregovic selbst auf die Bühne. Die Gruppe bestand
aus unterschiedlichen Fraktionen von Musikern,
die sich nicht nur von der Herkunft, sondern
auch äußerlich unterschieden. Auf der einen
Seite waren 4 bulgarische Frauen in traditionellen
Gewändern sehr farbenfroh und stimmgewaltig.
Zusätzlich und gleichsam als Gegenpart befand
sich auf der anderen Seite ein Männerchor mit
15 Sängern. Dazwischen das Streicherensemble,
das aus etwa 20 Musikern bestand, Geigen, Celli,
Bässen usw. Der Chor und die Streicher waren
extra für das Konzert aus Polen gekommen. Normalerweise
spielt Goran mit einem anderen Orchester zusammen,
wurde mir gesagt. Zu guter Letzt die “wedding
und funeral band”, eine wilde Bläsertruppe,
bestehend aus 2 Trompeten, Saxophon, Tuba und
Posaunen.
Eine bunt gemischte Voraussetzung
für ein interessantes Konzert.
Und was für ein Konzert. Sehr abwechslungsreich.
Für denjenigen, der Goran Bregovic nicht gut
kennen: Die Musik ist der Tradition jugoslawischer,
kroatischer Musik verhaftet, mischt aber sehr
viele Elemente moderner populärer Musik und
auch aus der Klassik zu einem heißen Cocktail
zusammen. Das klingt sehr gewagt, ist es auch,
aber es funktioniert ausgesprochen gut.
Für diejenigen, die Goran Bregovic
kennen: Es wurden bekannte Stücke aus den Filmen
von Emir Kustorica (Zeit der Zigeuner, Underground,
Arizona dream) gespielt neben weniger bekannten
Aufnahmen aus einem französischen Film, bis
hin zu neuen Stücken. Ein Teil der Lieder wurde
sehr orchestral, ja fast in klassischer Manier
gespielt. Ein anderer Teil war pompös und laut,
unterstützt von Grollen und Donnern aus der
Konserve.
Die Kulturarena in Jena hatte eine
ausgesprochen gute Akustik. Man konnte nicht
nur jeden feinen leisen Ton gut hören, auch
in den lauten Passagen gingen die leiseren Instrumente
nicht unter.
Das Konzert war wahrhaft gigantisch,
besser: bombastisch und dauerte etwa 2 ½ Stunden
ohne Pausen, Zugaben eingerechnet.
Danach wollten wir mit dem großen
Meister noch ein wenig auf der anschließenden
In-Party plauschen. Aber den Gefallen hat er
uns leider nicht getan. Angeblich soll er gleich
danach ins Bett gefallen sein. Na, das waren
noch Zeiten, als man nach dem Konzert noch so
richtig auf die Kacke gehauen hat....
Alles in allem hat sich die lange
Reise und die Anstrengung absolut gelohnt.
Ich kann nur hoffen, daß die Goran
Bregovic in Zukunft öfter Konzerte in Deutschland
gibt.
Anmerkung von unserer Leserin Nada:
Emir Kusturica (nicht Kosturica) ist ein bosnischer
Moslem und kein Kroate. In dieser sch...Zeit,
wo sich die Menschen am Balkan deklarieren mußten,
war vor allem in Bosnien das Multiethnische
kaputtgemacht. Ich weiß, daß Emir und Goran
(ein Serbe) sich bis heute geweigert haben,
diesen Balkan-Wahnsinn mitzumachen. Und das
ist genau das, was in seiner Musik zu finden
ist. Vor allem bei Arizona Dream ist die Musik
aller ex-jugo-Völker vertreten.
|