Ein recht frühes Zeugnis polnischer Beschäftigung
mit jiddischen Liedern, doch bereits gekennzeichnet
von Nostalgie über die Zeiten, als die
Juden noch da waren. So gibt es einige polnische
Texte zu Melodien jiddischer Lieder. Ich verstehe
kein Polnisch, doch geben mir die englischen
Zusammenfassungen eine Idee des Inhalts. Warum
bei Track 8 (übersetzt etwa "So wie
Herr Chagall es gemalt hätte") Leopold
Kozlowski als Compositeur zeichnet, bleibt ein
Rätsel: die Melodie ist die von "Rebbe
Elimejlech".
Die Musiker, insbesondere die Geigerin, die
als einzige das musikalische Idiom trifft, sind
sehr gut, es ist ein Verdienst des Arrangeurs,
der Violine so viel Raum gegeben zu haben; allerdings
sein einziges. Die rhythmisierten Arrangements
klingen oft sehr schlagerhaft im Stile sowjetischer
Estrada. Die freieren Arrangements haben einen
gewissen Reiz.
Slawa Przybylskas Interpretationen sind interessant
und tragen eine nostalgische Botschaft: schaut
was für ein großartiges und facettenreiches
Volk einst bei uns wohnte. Warum dieses Volk
"an einem kalten Morgen im März das
Land für immer verließ" (Track
8), bleibt ein Rätsel. Trotz einiger Reminiszensen
an Polens große alte Dame des jiddischen
Lieds, Golda Tencer, und wohl auch an Adrienne
Cooper, die zusammen mit Zalmen Mlotek erstmals
1990 oder 1991 beim Krakower Festival auftrat,
singt sie ihre eigenen Interpretationen. Das
Repertoire besteht neben Standards auch aus
durchaus interessantem Material. Przybylska
singt in jiddisch, hebräisch und polnisch;
Polen sind auch die Adressaten der CD: im Booklet
ist die Rede von "unserem Papst Johannes
Paul II". Ihr Jiddisch hat einen starken
polnischen Akzent.
Eine der katholischsten Aufnahmen jiddischer
Lieder in meiner Sammlung, jedoch besser als
einige der "protestantischen" Interpretationen,
die ich kenne.
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