Jüdische Straßenmusikanten 1824 im Schwetzinger Schloßgarten

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gus

Freitag, den 21. Februar, 2003 - 13:39
Peter Koppenhöfer hat mir folgende interessante Stelle aus dem Buch
J.G.Rieger: Das Rosenfest am Pfingsmontage im Schwetzinger Schloßgarten.
Natur und Sittengemälde aus der Rheinpfalz.
Mannheim 1824

geschickt, die ich Euch nicht vorenthalten will:
Peter schreibt dazu:
Die Stelle ist aus einem obskuren Buch, das nur in einer Kopie noch in der UB Mannheim liegt. Über die Identität des Autors ist so gut wie nichts bekannt, aber er war wohl Mannheimer. Das Büchlein ist eine Erzählung, die zugleich einen Querschnitt durch die damalige Gesellschaft geben will, Anlass ist der Pfingstmontagsfest im Schwetzinger Schlossgarten. An diesem Tag gab es im ganzen 19.Jahrhundert eine Art Volksfest im Park.


Der Cytherschläger
"...als zu seinem guten Glücke wie ein freundlicher Genius ein in der ganzen Gegend an jeder Wirthstafel bekannter wandernder Cytherschäger vom Stamme der Kinder Israels mit seinen Helfershelfern hereintrat.
Alles drängte sich neugierig um die willkommene Erscheinung, die zwei mitgebrachten Jüngelchen stimmten ihre Geigen nach der Cyther, es begann ein Terzet, und man konnte den Spielern den ächten, durch Gall bekannt gewordenen Tonsinn nicht absprechen...
Als man die Unterhaltung schon geschlossen hielt, erblickten wir, daß sich der Cytherschläger auf Zureden einiger Anwesenden nochmals in Bereitschaft setzte. Mit einer Originalität, die keiner Beschreibung fähig ist, mit einer, treu die, schon längst zum Sprichwort erhobenen, Judenängsten mit all ihren feinsten Nüancen mahlenden Wahrheit, begann er, von jämmerlichen Grimmassen begleitet, folgenden, das schreckliche Bombardement der Stadt Mannheim im Jahre 1795 und die Leidensgeschichte einer dortigen Judenfamilie schildernden, wahrscheinlich von dem Cytherschläger selbst gedichteten Gesang:

O wai! O wai!
Wie rumpelt's
Wie bumbelt's,
Wie schießt's,
Wie kracht's,
Wie macht's! -
O wai! O wai!
Wi rumpelt's doch bei uns!

(Das Folgende wird jedesmal leise und vertraulich zu einem der Mitspielenden
gesprochen.)
Jekufche, Schmulche,
Josephe, Giedelche,
Sorleche, hört err de Kanocher?
(Hier fällt die Begleitung wieder rasch ein.)
O wai! O wai!
Wie rumpelt's doch bei uns!
(Der Eingang wie oben.)
O wai! was fangen merr nu an?
Wo gene merr jetzt hin?
Nau Haddelberik?
Nau Frankendal? -
Jekufche soll ich der ebbes sage,
A vierezwanzik-Pinder is kumme un hot den Seligmann sein Haus in'gschlage-
Gott soll sich erbarme,
Wir all sinn verlore!

O wai! O wai!
Wie rumpelt's doch bei uns!

O wai! O wai! etc. (wie oben)

O wai! O wai! der Ette,
Die Memme, der Heerle,
Die Frale, der Meschores -
Alles is kapores!!
Laaft bei den Jeneral
'S bleibt uhser jau ka Wahl!

O wai! O wao!
Wie rumpelt's doch bei uns!

Noch hatte man sich von dem Lachen nicht erholt, als zum Schlusse sich noch ein anderer mitgekommener Jude mit einer eigenen Kunstleistung produzierte. Diese bestand nämlich darin, den Gesang aller hierländischen Vögel auf das Täuschendste nachzuahmen und gestehen muß man, der Tausendkünstler hat es darin bis zur seltenen Virtuosität gebracht."


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