Kommentar zu einzelnen
Stücken:
Schtiller ruhiges Lied mit
einem nachdenklichen Text. (Erinnert mich an
Jizchak Katzenelson “Dos lied
vunem oisgehargetn jidischen volk” - ausgezeichnete
Gedichte des 1944 in Auschwitz gestorbenen Dichters.)
Ralf Kaupenjohann am Accordeon gefällt mir gut.
Das fröhlichere zweite Stück Huljet,
huljet kinderlech wirkt nach dem ersten
etwas deplaziert. Text und Melodie stammen von
Mordechaj Gebirtig.
Milners Trern ist wieder
ein nachdenkliches Stück. Andächtig gesungen
wird Anette Krüger nur vom Accordeon zurückhaltend
begleitet. Ein schönes Stück.
Wilna: eine durchgängige
Melodie ist nur am Anfang zu erkennen, aber
auch die sehr moderne Interpretation kann
mir nicht besonders gut gefallen. Der scat-
Gesang im zweiten Teil wirkt auf mich etwas
komisch. Das Stück paßt nicht zusammen.
Fejgl, Jiddische Kammermusik,
etwas schleppend gespielt. Na ja.
Friling, das seit der CD
Transmigrations von Wolf Krakovski
bekannte Lied ist hier kaum wiederzuerkennen.
Kann in keinster Weise mit Wolfs Version mithalten.
Zu schwer und depressiv wirkt die Interpretation,
wo es doch gerade die Leichtigkeit sein muß,
die dieses Lied in Gegensatz zum Text setzt.
Der Refrain “Friling” muß zuckersüß sein, damit
er bitter wird. Meiner Ansicht nach also gerade
der falsche Ansatz für dieses Stück.
Donaj freie jazzige Improvisation,
anstrengend anzuhören. Der Schluß ist sehr abrupt.
Der Appell ruhige, fast
schon niederdrückende Atmosphäre.
Oj, dortn : der instrumentale
Teil kann überzeugen, vor allem das Accordeon-solo.
Die Version der Di grine kusine
ist auch nicht mein Fall. Ein Klassiker
sehr eigenwillig interpretiert. Im zweiten Teil
schließt sich eine freie instrumentale Passage
an. Wenn diese alleine stehen würde, dann wäre
das OK.
Na polu wiezba: wieder mit
freejazz-scat- Gesang. Das ist echte Geschmackssache
(meiner nicht!)
Schtil, die nacht ruhig, frei,
guter Abschluß.
Fazit:
Alle drei Musiker beherrschen ihr
Instrument sehr gut, durchgehend klarer Rhythmus
und saubere Betonung. Besonders Kaupenjohanns
Spiel gefällt mir gut und auch Schmidt ist einigermaßen
mein Geschmack. Anette Krüger singt sehr jazz-lastig
und ist meiner bescheidenen Meinung nach die
Schwachstelle des Trios (obwohl sie eine gut
trainierte Stimme hat – die Art des Gesanges
ist es, der mir nicht gefallen will). Andererseits
ist der Gesang der Gruppe das jüdische Element...
Hörer, die ein Faible für moderne
klassische Kammermusik haben, auch dem Jazz
nicht abgeneigt sind und jüdischen Gesang mögen,
werden sicherlich Gefallen an den eher kopflastigen
Interpretationen finden. Aber eine “fröhliche”
Angelegenheit ist es nicht.
Das booklet zur CD ist ansprechend gestaltet
und zu allen Liedern findet sich der jiddische
Text und die deutsche Übersetzung.
Bewertung:
Interpretation
Virtuosität
Spielfreude
Aufmachung
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