Kommentar zu einzelnen
Stücken:
1. a kholem
Ein Stück an das ich mich noch sehr gut
und gerne erinnere. Es wurde damals auch bei
dem besprochenen Konzert im Hackeschen Hoftheater
als erstes gespielt. Ein Klassiker, traditionell
mit unbekannter Herkunft. Der "Traum"
war oft von Oksana Sowiak zu hören, in
einfacher Begleitung durch Anton Stingls Gitarre.
Erstaunlich, was Franka Lampe mit Ihrem Akkordeon
aus dem simplen Stück macht. Nicht langweilig
und nicht eintönig wie oft zu hören
- das Lied hat durch die Version von schikker
wi lot eine richtige Melodie erhalten. Der heyser
bulgar wurde eingebaut und fügt sich perfekt
in das Stück. Fabian Schnedlers Gesang
erinnert stellenweise an Michael Alpert von
Brave old World, einfach perfekt und professionell.
Das schönste Stück auf der Platte,
eine unvergleichbare Version - besser geht es
nicht mehr.
2. odedsa mame
Bekanntes Lied von Peysakh Burstein über
die Stadt Odessa am schwarzen Meer. Eine weitere
bekannte Versionen gibt es von der Klezmer Conservatory
Band zu hören. Das Stück ist ebenfalls
musikalisch sehr schön ausgearbeitet und
nicht ein normaler Standard. Die Einleitung
auf dem Akkordeon in das Stück ist von
Nathan Nazaroff "vander ikh mir lustik"
und passt bestens. Mit einem einzigen Instrument
gespielt kann sich das Stück hören
lassen - vergleicht man es mit anderen überladenen
Versionen. Tolles Arrangement und schön
gespielt.
3. zol zayn
...mag sein. Ein Stück von Yosef Papernikov,
das man nur selten zu hören bekommt. Mir
ist sind nur die Versionen von Sidor Belarksy
und Jontef bekannt. Ein Stück aus den 20er
Jahre mit vorwiegend Gesang. Das Akkordeon begleitet
nur im Hintergrund, der Gesang dominiert das
Stück. Hier wird klar, wie viel Potential
hinter Fabian Schnedlers Stimme steckt. Toll
gesungen. Ein nachdenkliches Stück, das
mir besonders gut gefällt. Weniger ist
manchmal mehr.
4. hora
Eine Hora auf dem Akkordeon gespielt. Das Stück
ist schön gespielt, ist mir aber nicht
bekannt. Die Musik ist von Carsten Schelp.
5. burves
"Barfuss" der Titel der CD. Text und
Musik sind traditioneller Herkunft. Das Stück
ist sehr schön gesungen und auch wie gewohnt
professionell gespielt. Der Text ist knapp und
kurz, ich habe das Stück zuvor noch nie
gehört.
6. ikh benk nokh der lower east side
Ein weniger bekanntest Stück aus dem Repertoire
von Alexander Olshanetsky, der Text des Stückes
ist von Jacob Jacobs. Eine vergleichbare Version
fällt mir nur von den Mazzeltones ein.
Das Stück erzählt über die New
Yorker East Side der 20er Jahre. Eine schöne
Mischung aus Gesang und Akkordeon. In dieser
Version sicher einzigartig.
7. a malekh veynt
Exzellente Variante des durch Lorin Sklamberg
bekannt gewordene Stück "ein Engel
weint". Das Stück stammt von Peretz
Hirschbein und wird hier in zwei Versionen gesungen
und gespielt. Die zuerst gespielte Version ist
mir in Ihrer Art unbekannt, aber sie ist außergewöhnlich
und enthält eine zusätzliche Strophe,
die in Sklambergs Version nicht zu finden ist.
Der zweite Teil des Stückes ist die von
den Klezmatics bekannte Sklamberg Version. Ich
denke, dass das Stück generell anspruchsvoll
zu singen ist und auch von vielen Sängern
gemieden wird. Die beiden Varianten von schikker
wi lot gefallen mir ausgesprochen gut und sind
wirklich außergewöhnlich.
8. peysakh in portugal
Ein interessantes Stück mit englischem
und yidishem Text gemischt. Irgendwie typisch
Mickey Katz, von dem auch der Text der Stückes
stammt. Das Stück ist aus den 50/60er Jahren
und ist gespickt mit homoerotischen Fantasien.
Die Melodie zu diesem Lied ist von Raol Ferrao.
Das Stück ist witzig arrangiert und einfach
nett gemacht.
9. di zilberne khasene / esn est zikh
Das erste Stück "die silberne Hochzeit"
ist ein schneller Freylakh, der einst auf Hochzeiten
zu hören war. Dass Franka Lampe hier Instrument
beherrscht ist bekannt, hier ein Beispiel dafür.
Sehr schön gespielt, einfach ein klasse
Stück. Das zweite Stück "esn
est zikh" von Tuvia Balkin gab es bis jetzt
nur von Lorin Sklamberg zu hören. Hier
die Version von Schikker wi lot in ähnlicher
Version. Es ist eigentlich ein Nigun, von Melodie
und Gesang eher einfach gehalten.
10. tsebay-zhe mir
Traditionelles Stück, das auch den Namen
"finfuntsvansiger". Ich kenne das
Stück eigentlich unter dem Namen "bayt
zhe mir oys a finfuntsvansiger.. in samerodne
drayer". Es ist hier in einer völlig
abgewandelten Version wiederzufinden, der Text
des Traditionals ist gleich. Es ist professionell
gespielt und gesungen, trotzdem kann ich mich
mit dieser eigenwilligen Version nicht anfreunden.
Weitere interessante Versionen gibt es von Francois
Lilienfeld (dayne oygn) und Theodore Bikel.
Das Stück trägt auch den Namen "Rumshi"
oder "The twenty fiver".
11. di bitere khasene
Ein Lied mit traditionellem Text nach der Musik
von Fabian Schnedler. Das tragische Stück
beschreibt die Hochzeit in einer Kaserne und
ist sehr gefühlvoll gesungen. Fabian Schnedler
hat die Musik zu dem Text selbst geschrieben.
Es ist sehr minimalistisch und einfach gehalten,
aber dennoch absolut passend. Das Stück
gefällt mir gut.
12. tsomo lekho nafshi
Ist ein hebräisch-ukrainischer Nigun. Der
hebräische Teil des Stückes ist aus
dem Psalm 63,2.
Der Nigun ist aus dem Repertoire des Lubavicher
Chorus (Velvl Pasternak).
13. man in a hat
Ein Stück aus dem Repertoire der Klezmatics,
gesungen auf englisch und yidish. Das Stück
gefällt mir besonders gut, da es nicht
übertrieben gesungen wird. Lorin Sklamberg
sing das Stück in ähnlicher Version,
jedoch viel schneller, mit typischem Klezmatics
Background. Ist mal etwas ganz anderes für
diejenigen, die die Klezmatics Variante kennen.
14. azoy lang
Sehr schön gesungenes Stück nach Text
und Musik der Dichtering Beyle Schaechter-Gottesmann.
Ein Lied über den Abschied, sehr schön
und schlicht gesungen. Fast schon ein Sologesang.
Das Lied gefällt mir ausgesprochen gut
und ist ein schöner Ausklang der CD.
Fazit:
Ich habe gehofft, dass die angekündigte
CD gut wird, aber sie hat meine Erwartungen
noch übertroffen. Die Arrangements sind
sehr schön ausgearbeitet, es finden sich
eigentlich keine Standards auf der Platte. Alle
Stücke sind absolut professionell gesungen
und gespielt. Dass Franka Lampe eine perfekte
Akkordeonistin ist habe ich gewusst, aber auch
der Gesang von Fabian Schnedler hat mich überzeugt.
Ich war von seiner Stimme bereits bei einem
Konzert im damaligen Hoftheater in Berlin beeindruckt
und ich denke, man wird von ihm künftig
noch öfters etwas zu hören bekommen.
Bei seinem Gesang ziehe ich etwas Parallelen
zu Michael Alpert. Beeindruckt haben mich alle
Arrangements. Man kann skeptisch sein, bei einer
Platte mit Gesang und nur einem Instrument,
aber hier kann man sich eines Besseren belehren
lassen. Kein einziges Stück ist flach oder
langweilig, das Akkordeon gibt den kompletten
Background. Das hat mir am meisten gefallen.
Das Booklet der CD ist äußerst aufwendig
gestaltet und beinhaltet Informationen über
jedes Lied. Die Texte sind natürlich auf
deutsch und yidish YIVO enthalten. Die farbliche
Gestaltung der Inhalte finde ich auch bemerkenswert.
Platte und Booklet machen eine sehr professionellen
und schönen Eindruck.
Bewertung:
Interpretation
Virtuosität
Spielfreude
Aufmachung
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