Am 3. Juli startete das zweite KlezMORE-Festival
in Wien mit einem Konzert von David Krakauers Klezmer
Madness und DJ Socalled. Als Vorgruppe spielte die
Gruppe Klezmer Connection aus Salzburg, danach gab
es noch ein Set von DJ Socalled gemeinsam mit Hans
Breuer, einem Sänger von jiddischen Liedern.
Kurz zur Salzburger Klezmer Connection: obwohl sie
alle sehr gute Musiker sind, geht mir persönlich
bei ihrer Musik ein wenig die jüdische Neshome
ab, die Seele der Klezmer-Musik.
Aber nun zum Höhepunkt des Abends, David Krakauers
Klezmer Madness und DJ Socalled. Vor kurzem habe ich
mir die neue CD angehört, "Bubbemeises:
Lies my grandma told me", und ich war ehrlich
gesagt nicht so wahnsinnig beeindruckt. Vielleicht
muß man sich das Album öfter anhören,
bestimmt sogar, aber trotzdem glaube ich, dass das
Konzept live besser funktioniert als auf Platte. Das
ist zwar fast überall der Fall, aber kommt hier
sicher noch stärker zum tragen. Vor einem Jahr
war Krakauer und Socalled schon einmal gemeinsam auf
Tour, und damals fand ich das Konzert klasse. So ging
ich dieses Mal wieder mit großen Erwartungen
hin, trotz der Platte, und wurde nicht enttäuscht.
Das Einleitungsstück war gleich das wohl bekannteste
Stück von Krakauer, das auch schon auf mindestens
zwei seiner Platten veröffentlicht ist, der Gasn
Nign. Es ist ein Stück, dass man sehr häufig
auch von anderen Gruppen hört und man könnte
der Meinung sein, daß es nicht Krakauer auch
noch spielen muß, aber genau das Gegenteil ist
der Fall: gerade weil Krakauer zeigt, wie man das
Stück auch anders spielen kann, ist es gut, dass
er es macht. Hier beim ersten Stück spielte Socalled
noch Klavier, ganz hervorragend übrigens.
Dann aber startete er seinen kleinen Drum-Computer
und legte los. Ein mächtiger Drum-n-Bass, dazu
ein Sample z.B. eines chassidischen Männerchores.
Sogleich beginnt Krakauer einen Melodiefetzen zu spielen,
wiederholt ihn, übernimmt Teile eines anderen
Samples, das Socalled einspielt und es entspinnt sich
ein kleiner Dialog, hin und her, dazu wummert als
Hintergrund Klezmer Madness. Danach rappt Socalled,
abwechselnd auf Jiddisch und Englisch, obwohl er,
wie er später zugibt, Jiddisch gar nicht kann.
Auch Krakauer lässt sich ein bißchen auf
jiddischen Rap ein, im scheint es sichtlich Spass
zu machen.
Gegen Ende des Sets, aber nicht des Abends, singt
Krakauer gemeinsam mit Socalled das Aron-Lebedeff-Stück
Rumania, Rumania, das aus einem Musical der
30er Jahre des letzten Jahrhunderts stammt. Krakauer
erzählt darüber, dass er und Socalled schon
lange dieses Stück machen wollten, aber immer
ein bißchen Angst hatten, nicht an das Original
von Lebedeff heranreichen zu können. Der Text
handelt von Rumäniens Schönheiten, gleichzeitig
ging es zur Entstehungszeit des Stücks in Rumänien
alles andere als gut zu. Von einem Klima der Angst
und Verfolgung, von Einschüchterung spricht Krakauer,
und er fühlt sich in Amerika in gewissen Tendenzen
auch dieser Angst ausgesetzt, und in diesem Gefühl
kann er das Lied dann spielen. Und wie er das kann!
Ein anderes Mal taucht an diesem Abend (oder war es
bei der Zugabe?) ein Bulgar von Naftule Brandwein
auf, der im Orginal schon virtuos ist, aber bei Krakauer
und KM immer noch schneller wird, bei jeder Runde,
wie beim Karusell. Alle gut festhalten bitte!
Vielleicht noch mal ein Satz zur Salzburger Klezmer
Connection: obwohl sie teilweise das selbe Repertoire
spielten wie später Krakauer, in gleicher Besetzung
(cl, acc, b, dr, git, voc), und obwohl sie beim Publikum
auch sehr gut ankamen, kam bei MIR nie die Lust zu
tanzen auf, während ich bei Krakauer schon ab
der ersten Nummer nicht mehr stillsitzen konnte.
Als dritter Akt dieser langen Klezmernacht, die von
20.15 Uhr bis ca. ein Uhr nachts ging, spielte der
österreichische Sänger Hans Breuer gemeinsam
mit nochmals DJ Socalled. Dazu kam noch eine türkische
Perkussionistin aus Breuers Stammensemble. Socalled
und Breuer spielen schon einige Jahre zusammen, beide
verbindet die Liebe zu jiddischen Liedern, und die
Lust, neben bekannten Nummern auch selbst Neue zu
schreiben. Socalled ist der ideale Partner für
Breuer, ein wunderbarer und sehr talentierter Begleiter
am Klavier und Akkordeon (abseits seines Drum-Computers).
Als Socalled dann eine Bregoric-Nummer aus seiner
musikalischen Zauberbox zog (er beherrscht übrigens
wirklich ein paar Zaubertricks, dass nur nebenbei),
konnte eine junge Frau aus dem Publikum nicht widerstehen
und fragte Socalled, ob sie das Mikro haben könnte,
um mitzusingen. Und, oh Wunder, die Dame hatte eine
wunderbare Stimme.
Am Schluß kam auch noch Krakauer zurück
auf die Bühne und spielte mit den beiden ein
letztes Stück, um seinen Partner die Ehre zu
erweisen und sich vom Publikum zu verabschieden.
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