In Amerika hatte Wolf Krakowski mit seiner
ersten jiddischen CD „Transmigrations“ so großen
Erfolg, daß sie 2001 zum „Tzadik“-Label geholt
wurde. Nun bin ich kein großer John-Zorn-Fan,
und schon gar nicht dieses Labels; jedoch bedeutet
es für einen Künstler schon eine kommerzielle
Aufwertung, wenn seine beim eigenen Autorenlabel
erschienene Platte von dem größeren Label eines
weltweit bekannten Musikers gekauft wird.
Krakowski arbeitet mit einem anspruchsvollen
Repertoire, das man zum großen Teil von einer
Reihe von Aufnahmen kennt. Es ist nicht das
Repertoire, das ihn unterscheidet, sondern die
Musik. Es existiert eine Aufnahme von Carlos
Santana mit dem Benzion-Witler-Hit „Ikh Hob
Dikh Tsufil Lib“; es ist das Vergleichbarste,
was ich zu Krakowskis Interpretationen kenne.
Krakowski spielt mit einer Band, die in den
sechziger und frühen siebziger Jahren Popmusik
gespielt haben könnte: Country, Rhythm &
Blues, Blues, ein wenig Reggae. So sind auch
die Arrangements. Krakowskis Stimme paßt da
gut hinein. Es fehlt nichts: der Sound einer
Garagenband, die typische Rhythmisierung, das
Stromgitarrensolo, sogar der Backup-Chor bestehend
aus den drei Mädels. Im Original-Booklet gibt
es einen Teil mit Danksagungen, eine geht interessanterweise
an Richie Havens. Man hat manchmal den Eindruck,
Krakowski karikiert, ganz besonders bei „Shabes,
Shabes“; der Einsatz des Chors sucht seinesgleichen
im jiddischen Lied. Krakowski karikiert jedoch
nicht, er nimmt die Musik genauso ernst wie
die jiddischen Texte. Das merkt man spätestens
bei den Liedern, die er als Blues arrangiert:
„Alts Geyt Avek Mitn Roykh“ oder „Ven Du Lakhst“
sind starke Interpretationen und Highlights
der CD, zu gleichen Teilen von Krakowski und
der Band.
Das ist keine fusion, wie
wir sie von unzähligen Gruppen kennen; hier
versucht einer, zwei Liebschaften zu vereinen:
seine Liebe zu amerikanischer Musik und die
Liebe zum jiddischen Lied seiner zu einem großen
Teil in Polen von den Nazis ermordeten Familie.
Im Fall von Wolf Krakowski, der in einem Flüchtlingslager
in Österreich geboren wurde und in Schweden
und Kanada aufwuchs, bevor er in die USA zog,
ist das nichts Ungewöhnliches. Das künstlerische
Ergebnis ist ungewöhnlich: die vorliegende CD.
Es gibt gelungene und einige weniger gelungene
Stücke darauf, aber meine persönliche Meinung
zu jedem Stück wiederzugeben, wäre müßig: ich
habe sie zu oft gehört, als daß ich ein einigermaßen
ausgewogenes Urteil abzugeben in der Lage wäre.
Vielleicht ist es das: die CD ist so ungewöhnlich,
daß man sie immer wieder hervorholt, um sie
noch einmal zu hören.
Ernst nehmen muß man das Album auf jeden Fall,
ganz gleich ob man es mag oder nicht. Es gehört
zu meinen am meisten gehörten jiddischen Platten,
und jedesmal wieder sehe ich mich sprachlos.
Fakt ist eines: selten waren in den letzten
Jahren jiddische Lieder so lebendig wie bei
Wolf Krakowski. Letztlich wird jedoch der Markt
entscheiden, ob er mit seinem Konzept erfolgreich
ist -- und diesem Markt übergebe ich nun die
Rezension, auf daß er sie vollende.
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