Jakov Magid
paßt nicht in die Reihe der Klezmer-Rivivalisten
und auch nicht zu den üblichen Klezmer
Musikern in Deutschland. Auf den ersten Blick
seltsam und unverständlich mag sein Schaffen
wirken auf ein Publikum, das geprägt ist
von amerikanischem Show-, neotraditionalistischem
Minimal- oder deutschem Wollsocken-Klezmer (man
verzeihe mir diese Klischees).
Litauen war nicht nur geographisch, sondern
auch ideologisch ein ganzes Stück entfernt
von Westeuropa, jedenfalls zur Zeit des wichtigsten
künstlerischen Schaffens Magids.
Dort hat sich abgeschottet von europäischen
und amerikanischen Einflüssen eine eigene
jüdische Musik- und Theaterkultur entwickelt.
Also: Eine weitere musikalische Welt
jüdischer Musik neben den üblicherweise
bekannten?
Kann man diese Kultur überhaupt verstehen,
ohne daß man den gesellschaftlichen Hintergrund
auch nur erahnen kann? Denn gerade musikalisches
Theater ist eng an gesellschaftliche Zusammenhänge
gebunden.
Tatsachen, die man berücksichtigen sollte,
wenn man sich dem Werk Jakov Magids nähert.
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Eckpunkte seines Lebens in kurzen Worten:
Magid stammt ursprünglich aus Vilnius
(Wilna, Litauen).
Dort ist er aufgewachsen, dort gründete er
1971 die Gruppe "Fajerlech" ("Feuerchen"). Während
der siebziger Jahre versuchte er mit "Fajerlech"
die jüdische Musik und Kultur unter den
politisch problematischen Umständen in
Litauen und Osteuropa zu bewahren.
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Mitte der Achtziger Jahre lud die Philharmonische
Gesellschaft von Birobidzhan (der jüdischen Enklave
im Fernen Osten der UdSSR) Jakov Magid ein, die Leitung
der Show-Truppe "Frejlechs" ("Frohlichkeit") zu übernehmen.
Diese Gruppe war das erste professionelle jüdische
Ensemble in der damaligen UdSSR.
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1984 wurde das Musik-Theater
"Folks Zinger" mit Jakov Magid als kunstlerischem
Leiter gegründet. Diese Phase seines künstlerischen
Schaffens (80er Jahre in Litauen) war geprägt
von großen Schwierigkeiten mit dem damalig
kommunistischen Regime, aber auch von großem Optimismus
dank beharrlicher "kleiner Siege" auf
den Bühnen in Litauen. Musikalisch hat die Gruppe
"Folks Zinger" unter Magids Leitung insgesamt
sechs Alben aufgenommen. Die erste CD erschien
1993 in Prag. |
Seit 1998 lebt Jakov Magid in München.
Kontakt:
Tel./fax.: 089 - 12 66 97 13
Mobil.: 0171 - 199 31 07
Email: mail@jakov-magid.de
Homepage: www.jakov-magid.de
(schöne kleine Homepage mit Informationen zu
Künstler und Werk)
Platten: (zu beziehen über
seine Homepage)
populiarios Zydu Dainos - populiar jewish songs
Mitn Yidishn Hartz (1998)
Zitat Jakov Magid
(in einer Mail vom 17.5.2002 - Korrekturen an der
Rechtschreibungen wurden vorgenommen):
Ich habe einen anderen Lebenslauf
als die Musiker hier. Im Westen war der Zugang zu
jüdischer Musik immer relativ frei, es gibt Geschäfte,
CDs und Bücher. Das bietet viele Vorteile, hat
aber auch Nachteile.
Leicht entsteht die Musik kalt und ohne Seele, kann
verfälschte Formen entwickeln.
In Berlin im Jahre 1990 habe ich
zum ersten Mal eine jüdische Buchhandlung betreten.
Dort gab es all das, was wir in 20 Jahren aus den
alten Platten und zerrissenen Magnetbändern gesammelt
hatten....
In der Sowjetunion war alles "Jüdische"
verboten und bis die 90er Jahre hatten wir immer Probleme
mit der Öffentlichkeit.
Meine Eltern waren meine ersten
Lehrer und die Nachbarn, die nach Ghetto und KZ am
Leben geblieben sind.
Sie haben viel gesungen, was mir später sehr
geholfen hat.
Zuhause sprach man viel Jiddisch und als Kind konnte
ich relativ gut Jiddisch. Insofern ist Jiddisch meine
Muttersprache.
Das Fundament einer jeden Kultur
muß die Sprache sein.
In der Klezmermusik ist es ein wenig anders, aber
nur ein wenig.
Es ist fast ausschließlich eine instrumentale
Musik, nur wenige Gruppen beachten die Sprache.
Aber ist das Richtig? Woher kommt das?
Ich spiele auch sehr gerne Klarinette
und singe Klezmerstücke, aber mein ganzes Leben
habe ich mich mit einer breiteren Palette der jüdischen
Musik auseinandergesetzt.
Die Gefühle, die jede Musik in sich trägt,
kann man nicht nur durch Klarinette und Geige ausdrücken.
Vielleicht ist es nicht so populär, aber das,
was ist man mit Worten bzw. Gesang erklären kann,
das ist durch nichts zu ersetzen.
Die jüdische (jiddische) Bühne
hatte sehr viele Komponisten, Poeten, Schauspieler
- das war eine große und interessante Welt.
Alles ist verschwunden.
Alle die Jahre haben wir versucht, das Feuerchen aufzubewahren
(so heißt auch meine erste Gruppe aus Wilna
- "Fajerlech") und wir dachten, daß
es uns gelungen ist.
Aber wie es scheint, haben wir uns getäuscht.
Oder!?
Im Dezember 2001 haben wir unser 30-jähriges
Jubiläum gefeiert. Leider wir seien in alle Winde
zerstreut.
Unterwegs gab es auch viel Interessantes.
Ich habe viele Komponisten , Musiker, Sänger...kennengelernt.
...
Beispielesweise Felix Slovatshek (Klarinette) und
Indra Govorka (Geige) aus Tschechien und der Slovakaj.
Sie sind beide Professoren, und der Erste leitet das
Stadtjazzorchester in Bratislava, der Zweite in Prag.
Ich könnte sehr viel erzählen von tausenden
Konzerten, Turneen und so weiter, aber das ist ein
weites Feld.
Vielleicht schreibe ich irgendwann einmal ein Buch.
Meine CDs habe ich in einer anderen
Welt aufgenommen.
Hier und jetzt wären solche Platten mit so vielen
Musiker, Arrangements und Zeit fast unmöglich
zu produzieren.
Aber ich hatte die Gelegenheit und habe sie genutzt.
...
Die jiddische Theatermusik stirbt.
Singen, Instrumente spielen und gleichzeitig Schauspielen
können nur wenige Künstler.
Selbstverstandlich entwickelt sich das, was bequemer
und leichter zugänglich ist besser.
Aber das heißt noch nicht, das es auch besser
ist. Das gilt auch für die Klezmermusik. ...
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