Virtual Klezmer

Ahava Raba
Kete Kuf

(Besprechung: Heiko Lehmann )

AHAVA RABA "KETE KUF"
1999 TZADIK

Böse Zungen behaupten, John Zorns Job als Executive Producer dieser CD sei wesentlich wichtiger als all seine Masadah-Produkte; Zorn wird das sicher anders sehen. Aber was da gerade als AHAVA RABAs zweite Platte bei TZADIK erschien (auch wenn TZADIK es uns als Ahava Rabas erste verkaufen will), ist grandios und wird nur schwerlich seinesgleichen finden.

Die CD ist das musikalische Ergebnis einer Reise, die Simon Jakob Drees, spiritus rector der Gruppe, 1994 unternahm und die ihn nach Turkmenis- und Usbekistan führte - durch Indien, Pakistan, China, Tibet, in die Mongolei, durch Tuva und Rußland.

Das Ergebnis heißt  KETE KUF und ist Drees´ zweite CD mit AHAVA RABA. Kein Klezmer-Album, doch fließen die Erfahrungen der Ensemblemitglieder mit dieser Musik ein. Wie auf der ersten Platte gibt es eine von Ahava Raba erfundene Sprache, in der gesungen wird, Mirkaledo genannt.
Jeder der Musiker kann allein als Solist auftreten. Ahava Raba ist es gelungen, diese Einzelpersönlichkeiten für ein Projekt miteinander zu kombinieren.

Das Album geht über eine Synthese unterschiedlicher musikalischer Richtungen hinaus, es bewegt sich sicher in allen von ihnen, und in seinen großartigen Momenten schafft es Neues. Mehr noch als die erste Platte betont es die musikalische Eigenständigkeit der Gruppe. Es wird der Gruppe viel Ehr´ doch wenig Geld bringen, vielleicht aber endlich auch auch einmal die Ausnahme von dieser langweiligen Regel. Zu wünschen sei es ihnen, denn KETE KUF ist wahrlich phantastisch und ein musikalisches Ereignis von Rang. Dies erkannt zu haben, ehrt auch Zorn.

 

Die Besetzung:
SIMON JAKOB DREES: violin, viola, viora kugnana, lead vocals
JAN HERMERSCHMIDT: clarinet, bass clarinett, vocals
KATHRIN PFEIFFER: accordeon, vocals, percussion
TOBIAS DUTSCHKE: percussion, vocals
GEORG SCHWAB: tuba, vocals

ahava raba-kete kuf
 

Kommentar zu einzelnen Stücken:

1) Jack singt
Klezmer-style Stück mit schrägem B-Teil, Originalkomposition.

2) Armenien
Lyrisches Stück. Erinnert an orientalische Melodieführung. Sehr stark und intensiv, traditionelles Stück. Klarinette und Violine unisono, teils Vokal (1) hinzugefügt.

3) Kopanitja
Trad. bulgarisches Stück von Hermerschmidt auf Klarinette. Sehr sparsame und gekonnte Instrumentierung.

4) Kete Kuf - Akatipana
Obertongesang, in Satz mit den Instrumenten gesetzt, sehr gekonnt, sehr souverän. Mirkaledo-Teil (gesprochen), erinnert in seiner Rhythmisierung an das Vokabular indischer Tabla-Spieler. Originalkomposition. Freier Teil durchaus spielerisch.

5) Howe Leg Na Rogle
Hat etwas vom Tango Nuevo, doch sehr verfremdet.  Ausgezeichnetes Arrangement. Ändert später den Charakter hin zum getragenen, rhythmisch akzentuierten Lied, das am Ende in eine lebhafte instrumentale Fassung gebracht wird, die von Idee und Rhythmus´ an Bregovic erinnert; wohl eher ein Zufall, da das Stück bereits 1993 geschrieben wurde. Originalkomposition. Phantastisch. Die Zeiten im Innenteil des Booklet stimmen nicht.

6) Shalocho
Trad. armenisch. Freier Teil voc und cl, danach das Stück. Reifes Perkussionssolo, führt in in vokale Perkussion (Mirkaledo, wieder Reminiszenz an Tabla-Sprache), danach wieder das Stück.

7) Geamparale
Ein sehr bekanntes Stück, lt. Booklet aus Aserbaidshan/Turkmenistan, in einem für Ahava Raba fast traditionell anmutendem Arrangement. Herausragend: Perkussion und Stimmensatz. Das Stück könnte im Radio laufen.

8) Kurze turkmenische Schnitte
Erinnert paradoxerweise z. T. wieder an Piazollas Bearbeitungen argentinischer Tangos, einmal wegen der Rhythmisierung, zum anderen wegen Kathrin, ist aber besser. Perkussion sehr intensiv im Tuba-Teil.

9) Chowdi
Akkordeon plus Stimmensatz. Strophe: Akkordeon plus eine Stimme (Jan; das erkennt man am "o"). Getragen. Sehr mutig. Und doch sehr gut.

10) Ghost Track
Mirkaledo, im Rhythmus. Man spürt den Spaß. A capella.

Bewertung:
6-hervorragend

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