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Bloedow / Charles
La Mar Enfortuna

(Besprechung: Gus)

Oren Bloedow & Jennifer Charles – La Mar Enfortuna
Tzadik TZ7146

Moderne Adaptionen sephardischer Melodien vom Elysian-Fields Mitglied Oren Bloedow zusammen mit der Sängerin Jennifer Charles.

Die CD ist beim „radical jewish culture“-label Tzadik von John Zorn erschienen. Als Gäste wurden eine ganze Latte bekannterer und weniger bekannter Musiker aus dem New-Yorker Musikkreis eingeladen. Entstanden sind schwermütige, tief gefühlvolle Mischungen aller möglicher Musikrichtungen.

Die Besetzung:
Oren Bloedow (bulbul Terang, Wurlitzer, Nylon string Guitar, Gesang, Gitarren, Bass, Sampler, Percussion, Moog Orgel, Oud, Tom-Tom, Glocken)
Jennifer Charles ( Gesang, Glocken, „Ululations“, Wurlitzer)
Gastmusiker:
Aaron Heick ( Bass Clarinette, Flöten, Saxophon)
Ben Perowsky (Schlagzeug)
Ted Reichman (Accordeon)
Michal Adi (Cymbel)
Kenny Wollesen (Schlagzeug)
Danny Blume (Gitarre)
George Javori (Schlagzeug)
Jamie Saft (Keyboards, Piano)
Michael Tighe (Gitarre)
Joan Wasser (Violine)
James Genus (Bass)
Jane Scarpantoni (Cello)
Ed Pastorini (Keyboards)
Steve Bernstein (Trompete)
Curtis Hasselbring (Posaune)
EJ Rodriguez (Schlagzeug)

 

Lieder:

  1. Lamma Badah (3.16)
  2. La Rosa (5.59)
  3. Ayyu-Ha S-Saqi (2.44)
  4. Quize Anos (4.06)
  5. El Ladron (2.19)
  6. Salome (5.48)
  7. Los Marineros (3.47)
  8. A la uno yo naci (4.30)
  9. Porke yorach (10.14)
  10. Yo M’enamori d’un aire (4.08)
 

Kommentar zu einzelnen Stücken:

Lamma Badah orientalisches Geflecht und typisch für die ganze CD.

La Rosa spanisch gesungenes fast schon bedrückend wirkende Phantasie mit hartem Schlagwerk, Gitarrenbegleitung und gelegentlichen leisen Kinderschreien im Hintergrund. Gefällt vielleicht nicht unbedingt jedem-ist aber damit eine Ausnahme auf der Platte.

Ayyu-Ha S-Saqi hier singt mal Oren Bloedow. Das Stück stammt aus der Feder von Abu Bakn ibn Zuhr al-Hafid.

Quize Anos spanisch gesungener roter Faden, der sich durch die gesamte CD spinnt. Wunderschön. Auffällig Aaron Heick (Flöte)

El Ladron arabischer Popsong instrumental.

Salome ist ein von den beiden geschriebenes und auf englisch gesungenes lyrisches Stück im ¾-Takt. Minimalistisch arrangiert steht der zerbrechlich hingehauchte Gesang Jennifer Charles’ im Vordergrund, begleitet hauptsächlich von Bloedow und ein paar dezenten Streichern (a la Portishead). Wohl das fragilste Teil auf der Platte.

Los Marineros neben El Ladron das einzige instrumentale Stück. Trotz der prägenden (hier fehlenden) Stimme passt es gut zu den restlichen Liedern.

A la uno yo naci mit Kenny Wollesen und Steven Bernstein spielen hier 2 bekannte Musiker aus dem Knitting-factory Umfeld mit. Eines der schönsten auf der CD. Wieder auf spanisch gesungenes Traditional.

Porke yorach gesungene Passagen gut passend zu einer durchregneten Nacht mit einer Zigarette und einem Glas Port träumend am Fenster stehend.

Yo M’enamori d’un aire ruhiges Duett der beiden Musiker zum Abschluß. Hervorragend.

 

Fazit:

Es ist eine melancholische, lyrische, ruhig nachdenkliche, unaufdringliche Musik.

Kein Klezmer. Nicht einer. Aber eine der interessantesten Aufnahmen jüdischer Musik der letzten Zeit. Die sephardische Tradtition ist nicht übermächtig, schwingt eher aus Grundrauschen mit. Trotz der langen Liste von Gastmusikern (die spielen meist nur bei einem Lied mit – außer Kenny Wollesen) bleiben Jennifer Charles und Oren Bloedow immer stilprägend.

Die ganze CD ist hervorragend und enthält nicht einen einzigen Durchhänger. Freilich braucht man offene Ohren dazu und die Tiefe und Schönheit der Stücke erschließt sich erst nach mehrmaligem Hören.

Die Liner notes könnten (wie immer bei Tzadik...) ausführlicher sein. Man erfährt nichts über Lieder und Drumherum.

Bewertung:
 Interpretation
 Virtuosität
 Spielfreude
 Aufmachung

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