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mikveh

(Besprechung: Heiko Lehmann )

MIKVEH - mikveh
© 2001 Traditional Crossroads
TraditionalCrossroads CD 80702-4305-2

Die Besetzung:
Lauren Brody
Margot Leverett
Nicki Parrott
Adrienne Cooper
Alicia Svigals

 

Lieder:

  1. Royz royz (trad.)
  2. Heart of the World (Kushner/Svigals)
  3. Sorele´s Bas Mitzveh (Beyle Schaechter-Gottesmann)
  4. A gutn ovnt Brayne (trad.)
  5. Borsht (trad.)
  6. Gas nign (trad.)
  7. Vos vet zayn (trad.)
  8. Di fayerdike libe (trad.)
  9. Ay ay ay mazl tov (trad.)
  10. Yosemame/Orphan Mama (Sarah Mina Gordon-Cooper/Svigals)
  11. Eyshes khayil (Proverbs/Shenker)
  12. Mazl tov (Hoffman)
  13. Leyg dayn kop (Leivick-Cooper/Birnov-Svigals)
  14. Di arbuzn (Abarbanel/Yomen-Brody)
  15. Baleboste zisinke (trad.)
 

Die Publikation dieser CD in Europa war überfällig, doch sie brauchte ein Jahr bis zu ihrem Erscheinen diesseits des Atlantik. Die Band geistert bereits seit längerem immer wieder mal als existent durch die Neuigkeiten, eine Weile wurde ganz offiziell nach einem Namen gesucht, ein letztendlicher Beweis ihrer Existenz wurde letztes Jahr in Form dieser CD abgeliefert. Mittlerweile gibt es international eine Reihe von reinen Frauenprojekten für Klezmermusik und jiddisches Lied; vor MIKVEH existierte meines Wissens lediglich die holländische Band DI KALLES als solches, welche allerdings bereits als aufgelöst der Geschichte anheim gefallen sind.

MIKVEH bietet Spannendes noch vor dem ersten Hören:
Adrienne Cooper kennt man von Aufnahmen und Auftritten u.a. mit Zalmen Mlotek, KAPELYE und den KLEZMATICS, und man fragt sich unwillkürlich, wie identisches Material von ihrer Solo-CD «Dreaming in Yiddish» wohl für MIKVEH arrangiert wurde.
Alicia Svigals ist bekannt durch die KLEZMATICS und ihre Solo-CD,
Lauren Brody spielte lange Jahre bei KAPELYE (war jedoch bei deren CD mit Cooper nicht dabei), gerade ist ihre zweite CD mit dem Yuri-Yunakov-Ensemble herausgekommen.
Margot Leverett gehört seit langem zur Szene als Mitbegründerin der KLEZMATICS, seit kurzem mit eigener Solo-CD.
Nur von Nicki Parrott hatte ich allenfalls, wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, im Zusammenhang mit der New Yorker Jazz-Szene und David Krakauer gehört.

Die CD bietet zwei wirkliche Überraschungen: zum einen das Repertoire, zum anderen Lauren Brody. Um mit Brody zu beginnen – sie trägt den gesanglichen Teil der Produktion zu gleichen Teilen mit Cooper (wäre das doch KAPELYE vergönnt gewesen!) und hat immensen musikalischen Anteil. Ihre Stimme und die der Cooper, die unterschiedlicher nicht sein könnten – Adrienne Cooper verfügt über eine klassische Gesangsausbildung und gilt als die führende Interpretin jiddischer Lieder, während Lauren Brodys Stimme sich stark an der Gesangstechnik bulgarischer Folklore orientiert und vergleichsweise jungmädchenhaft-unbefangen wirkt – funktionieren zusammen und verleihen dieser Produktion eine eigene MIKVEH-Authentizität, die einen Glücksfall für die Band darstellt. Brodys solistische vokale Beiträge bieten einen angenehmen Kontrast zu den klassischen Interpretationen Coopers. Ihr Akkordeon ist überproportional repräsentiert, und auch das erweist sich als Plus.

Gesangliche Überraschungen gibt es von Adrienne Cooper kaum; man kennt sie als die hervorragende Sängerin und Interpretin, als die sie sich auch auf dieser CD präsentiert. Ihre Überraschungen beziehen sich aufs Repertoire und ihren inhaltlichen Beitrag: man hat letztendlich den Eindruck, sie ist es, die den Rahmen für diese CD fertigte. Das Repertoire besteht, wenig überraschend jedoch gut konzeptualisiert, aus Liedern über jüdische Frauen in den verschiedensten Lebenslagen und reicht von Standards wie «Borsht»  und «Di fayerdike libe» oder «A gutn ovnt Brayne» (sehr gut! Reicht nicht an die Version auf Coopers Solo-CD heran, bietet jedoch Interessantes) über Originale wie «Sorele´s Bas Mitzveh» und dem herausragenden «Yosemame/Orphan Mama» bis hin zum klassischen «Eyshes khayil» aus den biblischen Sprüchen, der Lobpreisung der jüdischen Frau zum Sabbat. Cooper brilliert nicht nur über ihre Interpretationen, ihr geistiger Input ist bedeutend.

Wie auch der von Alicia Svigals. Musikalisch hat sie (zusammen mit Brody, Cooper und dem Produzenten der CD, Lorin Sklamberg) den bedeutendsten Beitrag geleistet, von Arrangements bis zu Kompositionen. Sie war es, die Coopers Tochter Sarah Mina Gordon aufforderte, mit ihr zusammen ein Lied über eine Fehlgeburt zu schreiben («Yosemame/Orphan Mama», Musik Svigals/Text Gordon-Cooper), ganz sicher ein Höhepunkt der CD. Selten, doch hin und wieder, meint man, sich auf einer KLEZMATICS-Platte zu finden; die frühere Zusammenarbeit zwischen Svigals und Sklamberg ist so eingespielt, daß sich das wohl automatisch ergibt. Ihr, Brody und Cooper, wie auch dem Produzenten, verdankt die Platte ihre musikalische und inhaltliche Homogenität. Hervorzuheben sind die verschiedentlich zu hörenden Satzgesänge, an denen neben Cooper und Brody mindestens noch Svigals beteiligt ist; das Booklet gibt darüber keinen Aufschluß.

Als Bassistin rundet Nicki Parrott den Sound der Band ab. Ihr Bassspiel ist zuverlässig und souverän. Insbesondere beim letzten Track («Baleboste zisinke») bekommt man einen Eindruck davon, wie sie sich Stücke zu eigen machen kann; insgesamt übrigens ein starkes Stück. Mit Margot Leveretts Spiel kann ich mich noch immer nicht anfreunden. Der Eindruck mag täuschen, doch wirkt sie innerhalb der Band nicht sehr homogen. Das kann verschiedene Ursachen haben, möglicherweise täusche ich mich. Aufgefallen ist es mir in den zwei instrumentalen Tracks auf dem Album («Gas nign» und die Hora im Anschluß an «A gutn ovnt Brayne»).

Ein sensibles und hochwertiges Album einer AllStar-Band, dem noch viele folgen mögen.

© 2002 by Heiko Lehmann. All rights reserved.; Disclaimer
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