Kommentar zu einzelnen
Stücken:
1. Belz – (Erinnerungen an die
kleine Stadt Belz) ein Klassiker, den schon
die Barry Sisters verstanden haben
schnulzig zu singen. Hier gelingt die distanzierte
ironisch schmalzige Art. Wenn man will, kann
man die gesamte CD auch als Persiflage der Aufnahmen
aus den 50ern sehen. Aber die Aufnahmen stehen
auch ohne diesen Hintergrund.
3. Rabbi Elimeylekh - (Ein Rabbi
betrinkt sich, macht Musik) das an sich
schon schnulzige (wahrscheinlich auch deswegen
so beliebte und oft gespielte) Stück übertrieben
schmalzig. Als Verhanepeppelung akzeptabel,
hart an der Grenze. Erinnert ein wenig an die
Version von Mani Ovadia („Dybbuk“
von 1995)
4. Raisins and Almonds – (Eine
Mutter wiegt ihr Kind, ihm Gutes wünschend)
ebenfalls ein in den 50er Jahren beliebtes Stück
- von der damals beliebten Cocktailmusik inspiriert
(siehe Johnny Conquets Aufnahmen).
Eines der besten Stücke der CD.
|
|
5. Papirosin - (Ein Junge verkauft
Zigaretten, um im Krieg zu überleben)
viel gespielter Standard. Gut gelungene
Persiflage auf das oft zu pathetisch gesungene
Stück. Ironie durch Übertreibung.
6. Ten Kopeks (Ein Typ
wünscht sich 10 Pfennige, um sein Mädchen
bezaubern zu können) /Superkalifragilisticexpialidocious/
the Hokey Pokey - Musicalassotiationen
u.a. aus Marry Poppins.
Eindeutig der Höhepunkt und die Essenz
der CD. Hier kommt der Theatercharakter
am besten zum Ausdruck, kongenial durch
die Stück-Wechsel, das Geschrei und die
flotte Musik.
|
7. Maira - (Mayn Mirl) ruhiger Ausgleich
zu vorangegangenem Stück.
8. Yome, Yome - (Eine Mutter
fragt ihre Tochter: Was wünscht Du Dir?)
Ebenfalls eine wunderschöne Interpretation.
9. Paper is white - (Dem wunderbarsten
Mädchen der Welt.) Dieses Stücke kenne ich
nicht, hat aber einen schönen Text und auch
bei der Melodie wird es einem warm ums Herz.
10. Song of the Titanic - (Verlorene
Liebende, die sich dagegen wehren, getrennt
zu werden, fragen Gott nach dem Warum.)
Patinkin im Duett mit der Sängerin Judy Blazer.
Melodramatisch wird das Titanic-Unglück aufgearbeitet.
Weder der Text noch die Melodie kann mir gefallen.
Das Stück ist mißlungen, einfach greulich. Es
zeigt, wie schwierig die Gradwanderung zwischen
Kitsch und Parodie ist.
11. Motl the Operator - (Ein Schneider,
in einer Textilfabik schuftend, um seine
Familie zu ernähren, kommt bei einem Gewerkschaftsstreik
ums Leben.) Der ultimativen Aufnahme
des Stückes von Kapelye
wird nicht versucht nachzueifern.
Stattdessen eine Musical- Version.
12. Under your white stars
- (Ein Holocaust-Lied). Mißlungen!
14. Take me out to the
ball game/ God bless America - (Ein Lied
über Amerika) Pathetisch gesungene
Ode auf Amerika. Für Europäer eindeutig
zu amerikanisch. Da schüttelts einen!
Grausam.
|
|
|
15. Der alter Tsigayner/ White Christmas
- (der alte Zigeunergeiger spielt ein unvergessliches
Lied: Weisse Weihnacht) Eines der schwächeren
Stücke der CD. Schlecht und überflüssig.
16. Oyfn Pripetshik - (Kinder
lernen ihr Alphabet) Durch den Film “Schindlers
Liste” bekannt gewordenes Stück.
Fazit:
Orchestrale pompöse Theater-Musik kongenial
arrangiert und gesungen, oft schwer an der Grenze
zum Kitsch. Ironie durch Übertreibung. Meist
liegt genug Augenzwinkern in den großteils traditionellen
Stücken, (gelegentlich gelingt die Gradwanderung
aber auch nicht). Diese CD ist ein besonderes
Schmankerl für jeden Liebhaber jüdischer Musik
wie sie in den 50er und 60er Jahren gespielt
wurde, aber auch für den, der mal etwas abseits
der üblichen Klezmer-Pfade wandern will.
In den liner notes findet sich eine (zum Stil
der Lieder passende - übrigens deutsche) Einführung
von Mandy und der Text aller Stücke auf jiddisch
und Deutsch! Sehr schön gemacht.
Bewertung:
Interpretation
Virtuosität
Spielfreude
Aufmachung
|