Das zweite Kapitel holt aus
und das nach, was das Erste versäumt hat:
Einen Überblick über historischen Klezmer.
Ich habe das sehr schöne Kapitel als objektiv
schildernd und interessant in Erinnerung.
Eine gute Einleitung.
Nicht so das darauf folgende Kapitel
„Klezmer-Musik in Osteuropa“. Obwohl,
oder gerade weil es das umfangreichste
und zentrale Kapitel des Buches zu sein
scheint, wirken die Schilderungen oft
sehr trocken und wissenschaftlich historisch
(im negativen Sinn). Erfreulich ist der
Abschnitt „der Chassidismus“. Hier wird
ein wichtiger religiöser Background vermittelt.
Ebenso haben mir die Beschreibungen des
Lebens der Klezmorim gut gefallen und
das Kapitel, in dem eine traditionelle
osteuropäische Hochzeit beschrieben wurde.
Lobenswerte Ausnahmen. Leider.
Die Autoren verlieren sich oft in vielen
Namen und vielen (historischen) Details.
Darunter leidet oft der Überblick / Zusammenhang.Zum
Teil mögen die Einzelheiten nicht uninteressant
sein, jedoch die Art und Weise der Darstellung
läßt zu wünschen übrig. Zumeist ist derartiges
nur für jemanden interessant, der sich
schon lange mit dieser Musik beschäftigt.
(Auch hier wieder: die Frage des Zielpublikums.)
Das Kapitel „Blütezeit im 19. Jahrhundert.
Die großen Virtuosen“ in dem das Leben
Gusikow’s, Pedotser’s und einiger Anderer
beschrieben wird wirkt etwas blutleer.
Ich habe schon fesselndere Texte zum Thema
gelesen.
Persönlich hat mich das Kapitel „Klezmer-Musik
in Amerika“ besonders interessiert. Ist
es doch notwendig um den heutigen
(amerikanischen) Klezmer zu verstehen.
Abgesehen von einer etwas chaotischen
Gliederung des Textes konnte ich finden
was ich suchte. Die triefenden Anektdoten
aus dem Leben einzelner Musiker der Zeit
(z.B.: Brandwein) lockern den Text auf
und machen Spaß.
„Die Klezmer-Musik seit 1975“ ist nicht
der Rede wert. Dieser Teil wurde nur der
Vollständigkeit halber mit aufgenommen.
Imponiert hat mir die kritische Auseinandersetzung
in „Klezmer in Deutschland“, insbesondere
was G. Feidman angeht. Einige interessante
Gedanken werden an-, aber leider nicht
weitergesponnen. Zu wenig, zu oberflächlich.
Das Glossar ist wertvoll und gut.
Fazit:
Das Buch „Klezmer-Musik“ des Autorenpaares
Rita Ottens und Joel Rubin ist ein zutiefst
zwiespältiges Werk.
Zum Teil sicher auch deswegen, weil es
von 2 Autoren verfaßt wurde. Dies kommt
immer wieder kommt in den abrupten Wechseln
des Erzählstils zum Ausdruck. Mal eine
trockene Aneinanderreihung von Zahlen
und Fakten, mal eine lebendige Beschreibung
anhand von kurzen Anekdoten.
Vor allem sind es viele Einzelheiten,
die das Buch fragwürdig machen. Einige
Beispiele:
Die Gruppe Kapelye
wird einige Male angesprochen aber der
Name der Gruppe wird nicht erwähnt. Warum?
In „ausgewählten Musikbeispielen“ finden
sich auffallend viele Werke, in denen
J. Rubin mitgewirkt hat. Die meisten bedeutenden
Werke fehlen. Das Buch kreist zentralistisch
um den Dunstkreis Ottens/Rubin und ist
damit einseitig.
Öfter vorkommende unterschwellige Sticheleien
gegenüber diversen Klezmer-Gruppen (Bsp.:
S 10, Zeile 6: Kroke;
S 301, letzter Absatz:
Kapelye)
und verhaltene unausgesprochene Kritik
in polemisierender Form. Das muß nicht
sein!
Rubin/Ottens treten des öfteren in selbst
aufgestellte Fallen.
Nicht zuletzt ist die Qualität des Textes
zwiespältig (s.o.)
Fazit des Fazits:
Ich kann keine eindeutige Wertung
oder Empfehlung für oder gegen dieses
Werk abgeben.
Sicher ist, daß es für einen Einstieg
in das Thema “Klezmer” weniger gut geeignet
ist. Eher für fortgeschrittene Leser,
denen Fakten wichtiger sind als Lesevergnügen.
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