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Repertoire

Repertoire

Einer der schwierigsten Aspekte von Klezmer-Musik ist die Eingrenzung des Repertoires. Die Grenzen zu anderen musikalischen Genres sind nicht immer klar zu ziehen, wie auch Herkunft und Zuordnung vieler Stücke häufig nicht eindeutig festlegbar sind. Im Folgenden sollen daher nur allgemeine Grundlagen und einige typische instrumentale Gattungen vorgestellt werden.

Zev Feldman hat die bisher detaillierteste Studie über das osteuropäische Klezmer-Repertoire veröffentlicht. Er stellt darin fest, daß das Repertoire aus unterschiedlichen Komponenten besteht, für das verschiedene Quellen eine Fülle von melodischem Material lieferten. Die entstandene Vielfalt war aber keineswegs eine willkürliche oder unkontrollierte. Sie wurde sozusagen von einem “jüdischen Ohr” aussortiert, das bestimmte musikalische Züge der umliegenden Gebiete annahm und andere gänzlich ablehnte. So entstand in Osteuropa ein vielschichtiges Bild der Instrumentalmusik, das sich aus eigenständig jüdischen, sowie von außen unterschiedlich stark beeinflußten Melodien und Tänzen zusammensetzte. Es gab somit ein Repertoire, das regional übergreifend allen jüdischen Musikern bekannt war und eines, das regional stark variierte.

In Osteuropa wurden die Musiker engagiert, um die gesamten Hochzeitsfeierlichkeiten zu begleiten, dabei war Tanzen nur ein Aspekt unter vielen. Das osteuropäische Repertoire umfaßte deshalb neben vielen Tanzstücken eine ganze Reihe von Melodien, die eine konkrete Funktion innerhalb der diversen Zeremonien einnahmen.

    “Other non-dance genres in the core repertoire include poignant free-rhythm tunes, called kale bazetsn or kale baveynen, meant to accompany the ritual seating of the bride (...) There are also free-rhythm tunes to be played at the wedding canopy or khupe (...), elaborate rubato compositions called zogekhts (speaking), and free-rhythm paraliturgical melodies for holidays like Chanuka and Purim.” (Feldman 1997a:7)

Viele dieser ruhigeren und technisch oft schwierigeren Stücke waren durch die Virtuosität des jeweiligen Musikers geprägt und unterschieden sich häufig regional voneinander. Im Gegensatz zu vielen Tanzstücken, die bereits in Osteuropa über weite Gebiete einheitlich waren.

    “While there probably was considerable variation in the non-dance genres, the dance genres, especially those secular genres which were considered to be `Jewish´, were basically uniform over most of the areas of Jewish settlement within the Russian Empire.” (Feldman 1994:1)

In den USA verschmolzen mit der Zeit die regionalen Unterschiede der vielen Länder Osteuropas. Die mit der orthodox-jüdischen Hochzeit verbundene Instrumentalbegleitung fiel der säkularen Orientierung weitgehend zum Opfer. Letzendlich blieb nur ein Teil der Tanzmelodien übrig, bis schließlich die Tänze Bulgar, bzw. Freilach, sowie die rumänische Doina zu den einzigen Repräsentanten einer ehemals umfassenden und vielschichtigen Ansammlung von Tänzen und rituellen Begleitmelodien wurden. Freilach heißt wörtlich aus dem Jiddischen übersetzt “der Fröhliche, der Lebhafte” und spiegelt den temperamentvollen Charakter dieser Tänze wieder. Mit weiteren Namen wie Bulgar, Skochne, Scher und Chusidl werden zwar unterschiedliche Tanzchoreographien bezeichnet, in der musikalischen Struktur sind die Stücke jedoch grundsätzlich ähnlich. Sie werden im Kreis, paarweise oder in kleinen Gruppen getanzt und je nachdem in unterschiedlichen Tempi gespielt. Der Grundrhythmus ist eine ungerade Unterteilung von 8/8 oder 4/4.

Khupe-2-6

Ein weiterer bis heute besonders häufig gespielter Tanz ist die Hora, auch Zhok genannt. Er ist rumänischen Ursprungs und leicht durch seinen Dreier-Rhythmus mit dem fehlenden zweiten Schlag zu erkennen. Das Tempo bei diesem Tanz ist getragen. Er wurde früher während der Hochzeitszeremonie gerne zur Begleitung von Prozessionen gespielt.

Khupe-2-7

Die einzige nicht am Tanz orientierte Instrumentalgattung, die sich kontinuierlich erhalten hat, ist die Doina. Sie stammt ursprünglich aus Rumänien und ist ein quasi-improvisiertes Stück, das in freiem Rhythmus und mit wechselnden Tonarten solistisch vorgetragen wird. Viele Klezmorim bezeichnen sie immer noch als rumänische Doina, obwohl sich die jüdische Version schnell vom Vorbild entfernte und ihre eigene Form annahm. Doinas waren und sind bei den Musikern beliebt, denn sie bieten eine Gelegenheit, ihr Können zur Schau zu stellen. An die ausgefeilte, unmetrisierte Solomelodie zu Beginn, schließt sich meist ein bekannter Freilach oder Bulgar an. Nach den vierziger Jahren nahm die Doina einen immer wichtigeren Platz ein. Das breite Repertoire war soweit reduziert worden, daß sie schließlich in den sechziger Jahren als einziges übriggebliebenes jüdisches Stück bei Hochzeiten gespielt wurde.

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