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2. Klezmology
Improvisation

 
   

Improvisation

Eine weitere Diskussion, die in der Welt der amerikanischen Klezmorim der verschiedenen Generationen viel Aufmerksamkeit erfährt, ist die Rolle und das Verständnis von Improvisation in Klezmer-Musik. In Osteuropa mußte das Hauptmelodieinstrument vor allem bei den zeremoniellen Begleitstücken ständig improvisieren, um auf die Stimmung des Moments einzugehen oder sie zu beeinflussen. Aber auch beim Tanz wurde auf den Moment reagiert, wurden Stücke miteinander verschmolzen, Tempi verändert, wurde generell auf die im Raum herrschende Stimmung geachtet und reagiert. Einen guten Klezmer zeichnete aus, nicht nur alles Verlangte spielen, sondern Stimmungsveränderungen regelrecht vorausahnen zu können.

In Amerika hingegen war die rumänische Doina lange die einzige Gattung, die solistischer Virtuosität einen Platz bot. Dieses improvisatorische Stück kann wahlweise mit oder ohne Untermalung des Ensembles von einem einzigen Melodieinstrument vorgetragen werden. Obwohl es bei der Doina kein festes Metrum gibt und zwischen verschiedenen Tonskalen gesprungen wird, existieren trotzdem eindeutige Richtlinien.

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Sie werden u.a. definiert durch die im Klezmer-Stil üblichen Melodieverzierungen und dadurch, wie eine Dynamik aufgebaut wird indem um einzelne Töne und Skalen herum moduliert wird. Dabei gibt es generelle Vorstellungen davon, wie der Übergang von einer Skala zu nächsten melodisch vorweggenommen und schließlich vollzogen wird. Innerhalb dieses groben Rahmens hat jeder Musiker “seine” Doina, für ihn typische Bewegungen in der Melodie, Klangqualitäten, etc., die wie eine Art Visitenkarte die besten Seiten seines Spiels hervorheben sollen.

    “Doina is not just a bunch of noodling around, it’s actually a genre with structure and generally it starts with a motive like this and then it tends to modulate into here. Doinas really have this particular harmonic progression and they all are a version of that. What you do within that is your own.” (Interview Alpert)

Man kann daher nicht von freier Improvisation oder Improvisation über Akkorde, wie im Jazz üblich, sprechen, sondern muß auf eine viel subtilere Ebene gehen:

    “The improvisation would be something small like maybe a series of notes you would play at the end of a section to bring you back to the beginning section or maybe you will do a slur instead of a series of notes - maybe you will play an octave trill at the end of a phrase. These little improvisations - it would always be very small developments (...) But because they’re so small, they’re powerful - because there are endless possibilities and they’re so subtle and so personal (...)” (Interview Sapoznik)

In den USA begann das Ensemblespiel in durcharrangierten Stücken abzulaufen, und Neuheiten der Jazzmusik, z.B. in Form von abgesprochenen Soli einzelner Instrumente, fanden ihren Weg in die Klezmer-Musik. Während und nach dem Revival wurden immer wieder neue musikalische Herangehensweisen ausprobiert, auf der Suche nach einer Verbindung der Tradition mit der Gegenwart. Hier lassen sich alle verschiedenen Arten der Interpretationen von Improvisation finden, angefangen von ultra-traditionell bis avantgardistisch.
Über die Frage, inwieweit einige der neueren Experimente noch Klezmer-Musik zu nennen sind oder nicht, scheiden sich die Geister.

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