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Klezmer-Klänge außerhalb von Hochzeiten

   

Klezmer-Klänge außerhalb von Hochzeiten

Für die meisten Amerikaner, Juden wie Nichtjuden, war das traditionelle Osteuropa zum Symbol einer verschwundenen Welt geworden, die vor allem durch das stilisierte Bild der Chassidim neben nostalgischen auch komische Züge annahm. Berufskomiker wie Mickey Katz oder Herrschel Bernardi unterhielten ihr Publikum mit teils auf Jiddisch, teils auf Englisch vorgetragenen Sketchen, die sich über das überholte Leben in Osteuropa genauso lustig machten, wie über das Leben in der neuen Heimat.

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Ein beliebtes Hilfsmittel dieser und vieler anderer Komiker war Klezmer-Musik. Mit wenigen Tönen oder durch Verzerrung ganzer, allgemein bekannter Lieder wurde jiddische Tradition auf den Arm genommen. Zum Teil waren diese Verballhornungen außerordentlich gut gemachte Produkte. Mickey Katz (1909-1985) z. B. spielte seine komplizierten Arrangements und Kompositionen im Klezmer-Stil selbst auf der Klarinette und hatte bei seinen Plattenaufnahmen eine hervorragende Band.

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“Long before Woody Allen and Mel Brooks showered moviegoers with Yiddishisms, Katz pioneered in exposing non-Jewish audiences to the language. “Some of them were more interested in the music than the lyrics. They went crazy for the music,” he admits. “Still, we had a song called “Herring Boats” that was mostly in Yiddish - it sold 350,000 copies of which 80,000 were sold in Louisiana. Who the hell listens to me in Louisiana? Just the fact that it had the sound of the fish peddler's horn down there, they bought it. So how do you figure it?” (1977, by Jordan R. Young reprinted in Webpage Mickey Katz)

Komiker und Musiker fanden ab der Jahrhundertwende gleichermaßen für eine gewisse Zeit gute Verdienstmöglichkeiten in den berühmten Hotels des “Borscht Belt” in den Bergen nördlich der Stadt New York. Die Glanzzeit dieses Naherholungsgebietes lief in den fünfziger Jahren langsam aus, doch konnten noch einige der bekannteren Musiker hier bis in die sechziger Jahre eine Saisonarbeit für den Sommer finden.

Obwohl es viele auf ein jüdisches Publikum zugeschnittene Hotelanlagen gab, enthielt das abendliche Unterhaltungsprogramm nur einen kleinen Teil von traditionellen und modernisierten Klezmer-Melodien, Theatermusik oder jüdischer sakraler Musik. Wie bei den Hochzeiten dominierten amerikanische Tänze.

 

In den sechziger Jahren sollte ein Musical zum Inbegriff aschkenasischer “Alte Welt” Nostalgie werden. Jerry Bock und Sheldon Harnick komponierten “ Fiddler on the Roof” mit Motiven aus Scholem Alejchem’s Roman “Tewje der Milchmann”. Aber nicht nur die Handlung ist eine romantisierte Phantasiewelt, auch die Musik hat nichts mit den tatsächlichen Traditionen zu tun. Für das amerikanische Publikum wurden trotzdem beide zum Inbild der aschkenasischen “Heilen Alten Welt”.

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Der “Fiddler” stieg zu einem der erfolgreichsten Musicals des Broadway auf und wurde über zehn Jahre lang aufgeführt. Bis heute sind Lieder aus “Fiddler on the Roof” wie z.B. “Sunrise Sunset” ein unumgängliches Partymuß. Die Show lief auch in Europa, in Deutschland unter dem Namen “Anatewka”, mit großem Erfolg.

    “Das Musical `kam an´, allerdings vor allem wohl deswegen, weil die realen historischen Hintergründe kaum angedeutet wurden. Statt dessen wurde ein ganz der Nostalgie verpflichtetes farbiges Spektakel geboten, welches letztendlich nur zum Lachen bewegte.” (Alexander-Ihme 1995:202)

“The traditions have been vulgarized and sentimentalized, `fiddlerized on the roof´.” Traditionelle Klezmer-Musik war in den fünfziger und sechziger Jahren fast gar nicht mehr in der Öffentlichkeit oder bei offiziellen Anlässen zu hören. Die späteren Revivalisten wuchsen in dieser Zeit auf und waren meist die zweite oder dritte Generation nach der Einwanderung. Auf die Frage, wo ihnen zum ersten Mal im Leben Klezmer-Musik begegnet sei, antworteten einige, daß sie sie in irgendeiner Form zu Hause gehört hätten. Überraschenderweise scheint es, daß die traditionellen Formen der osteuropäischen Musik sich im privatem Umfeld zur damaligen Zeit mehr erhalten haben, als in der Öffentlichkeit. Doch nur in einigen wenigen, meist sogenannten “jiddischistischen” Familien wurden zu Hause alte Platten gespielt und selber musiziert. Je nach religiösen und privaten Hintergrund konnten heranwachsende Kinder also noch die unverfälschten Formen der osteuropäischen Musik miterleben.

 

Bemerkenswert ist auch, daß gegenwärtig in New York nur ein junger Klezmer bekannt ist, der in ununterbrochener Linie die instrumentale Musiktradition in seiner Familie gelernt hat. David Levitt stammt aus einer Familie mit einer langen Klezmer-Tradition und hat seit seiner frühesten Jugend, wie ehemals in Osteuropa, von seinem Vater und Großvater Klezmer-Musik spielen gelernt. Sein Großvater, noch in Kiew geboren, hieß Jack Lewinsky.

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Der Name wurde später zum amerikanischeren Levitt umgewandelt. Wie sein Großvater ist David ein virtuoser Posaunist. Sein Vater, Marty Levitt, spielt Klarinette und wurde in den fünfziger und sechziger Jahren vor allem als erfolgreicher Geschäftsmann und Orchesterleiter bekannt.

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