Virtual Klezmer

von der Khupe zum KlezKamp
3. A world of Klezmer
Das Duo Zev Feldman und Andy Statman

   

 

Das Duo Zev Feldman und Andy Statman

Zur gleichen Zeit als The Klezmorim an der Westküste anfingen, in der Öffentlichkeit erste Erfolge zu erringen, entstand unabhängig davon in New York eine eigene Suche nach der instrumentalen Musiktradition aus Osteuropa. Zu Beginn wußten diese Pioniere nichts von ihrer gegenseitigen Existenz und so formten sich ganz unterschiedliche Herangehensweisen .

Khupe-3-13

    “The Klezmorim (...) were loud, brash and entertaining (...) Their Yiddish was sometimes a little garbled and their presentation a bit hokey (...) Zev Feldman and Andy Statman (...) limit themselves to tsimbl and clarinet or mandolin, creating intimate, mysterious and very compelling music. Their repertoire is strictly instrumental, presented with seriousness and spirit, subtlety and beauty.” (Norman 1980:13+14)

Zev Feldman und Andy Statman waren schon in den sechziger und frühen siebziger Jahren an anderen ethnischen Musiktraditionen in Amerika interessiert, bevor sie Klezmer-Musik für sich entdeckten. Feldman ist Amerikaner der ersten Generation, seine Eltern stammten noch aus Belarus und Bessarabien und kamen erst nach dem Holocaust in die USA. Er wuchs in einem religiösen Rahmen auf und sprach mit seinem Großvater noch Jiddisch. Schon als Teenager begann er in verschiedenen Balkanmusikgruppen Perkussion zu spielen. Statman hat sich vor allem durch das Spielen von Bluegrass mit seiner Mandoline einen Namen gemacht, bevor er sich der jüdischen Musik zuwandte.

Feldman beschreibt, wie er seine Generation im jüdischen Amerika wahrnimmt und wieso seinesgleichen plötzlich die vergrabenen Traditionen wieder ans Licht holen wollten:

    “It is difficult for our generation to understand the paranoia and fear of the older Jews here, but their passion to assimilate is obvious. Then there was the trauma of the Holocaust, which weighed on me and others like me. It is interesting to me to observe that the Armenians had the opposite reactions. As soon as they achieved some security they set about playing as much Armenian music as possible. No camouflage or excuses. But the Jews were not like that. Then again the Yiddish theatre was the great enemy of klezmer because it caused us to ridicule the past (...) Some people in my generation worked through their involvement with other musics and eventually looked up, saw the SS was no where in sight, didn't feel at home in Israel, and didn't think the past was laughable. We also noticed that Jews were visible, so why pretend we are invisible?”

Feldman war mit traditioneller jüdischer Musik in seiner Familie aufgewachsen. Als er aber Mitte der siebziger Jahre Statman traf, fiel beiden auf, daß sie von niemandem wußten, der diese alte Musik noch öffentlich spielte. Sie trafen die bewußte Entscheidung, etwas gegen das Aussterben ihrer eigenen kulturellen Traditionen zu unternehmen. Ihre erste Quelle waren wie bei The Klezmorim die alten Schellackplatten. Eine europäische Aufnahme eines Geigen- und Zimbl Duos hat ihre Herangehensweise an die Musik besonders geprägt. Sie wollten Klezmer-Musik möglichst unverfälscht und trotzdem zeitgemäß wiederbeleben:

    “We were drawn to this music because of its emotional depths, which finds expression both in well-structured melodies and in a distinctive performance style, including instrumental tone, variations in phrasing, ornaments, and rhythm. Our aim has been to produce music that is both authentic and alive.” (Feldman 1979)

Khupe-3-14

 

Schließlich hatten sie die Idee, nach den Musikern, deren Namen sie von alten Platten kannten, zu suchen. Auf Anhieb fanden sie im Adressenverzeichnis des Musikerverbands von New York den Klarinettisten Dave Tarras, den Feldman noch aus seiner Kindheit kannte, und riefen ihn kurzerhand an.

    “My whole relationship with Dave started then and right after I saw Dave a few times (...) we started in earnest working on klezmer music and I started seeing Dave and he started giving me clarinets and passing this whole thing on to me.” (Interview Statman)

Statman entwickelte eine tiefe Freundschaft zu dem damals über siebzigjährigen großen Herrn der Klezmer-Klarinette, der schon seit Jahren im Ruhestand lebte. Er begann selber Klarinette zu spielen, wurde Tarras’ Meisterschüler und erlernte als Erster die Tradition wieder direkt von einem noch aus Europa stammenden Klezmer.

Feldman, der eine Ausbildung als Musikethnologe durchlief, arbeitete 1978 an einem Projekt mit, das mit der Unterstützung des Ethnic Folk Arts Center in New York die Möglichkeit bot, ein Comeback von Dave Tarras zu organisieren. Feldman und Statman gründeten offiziell ihr Klezmer-Duo und konnten Dave Tarras dazu überreden, trotz seines Alters und seiner schwachen Gesundheit wieder Konzerte zu spielen. Im Dezember 1978 fand an bezeichnender Stelle ein denkwürdiges Konzert mit dem Duo Feldman/Statman, der Sängerin Ethel Raim und Dave Tarras als großem Star statt. Der über 2000 Zuschauer fassende Saal war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Zum Ende des Konzerts tanzte das meist ältere Publikum in den Gängen. Für Feldman war dies der Tag der Wiedergeburt der Klezmer-Musik. Wegen des großen Erfolgs konnte das Programm in den folgenden Jahren noch einige Male einem stets zahlreichen und begeistertem Publikum präsentiert werden.


1979 nahmen Statman und Feldman ihre einzige gemeinsame Langspielplatte auf. Die Plattenfirma Shanachie war bis dato vor allem wegen ihrer irischen Veröffentlichungen bekannt und begann erst im Anschluß, sich für jüdische Musik zu interessieren. Für lange Zeit sollte diese Platte eine Ausnahme unter den Klezmer-Aufnahmen bilden. Hier ist kein lautes, großes Ensemble mit komplizierten Arrangements und schwungvollen Tanzstücken zu hören, sondern ein kunstvolles, introspektives Duo, das nur an manchen Stellen von einem Kontrabaß unterstützt wird.

Khupe-3-15

In späteren Jahren konzentrierte sich Zev Feldman auf seine musikethnologischen Forschungen und veröffentlichte einige Texte zu Klezmer-Musik. Andy Statman fand unter anderem durch seine Beschäftigung mit Klezmer-Musik eine immer tiefere Verbindung zur jüdischen Religion und trat schließlich einer Chassidischen Gruppe bei. Inzwischen veröffentlicht er wieder CDs mit seiner eigenen Klezmer-Band, dem Andy Statman Klezmer Orchestra, und setzt sich intensiv mit jüdischer Musik auf allen spirituellen und experimentellen Ebenen auseinander.

Weiter

© 2002 by Susan Bauer. All rights reserved.; Disclaimer
Veröffentlichen und Zitieren außerhalb von www.klezmer.de  nur mit Genehmigung des Autors.
 Aktuelles
 Deutschland
 Besprechungen
 Download
 Links
 Forum
 Von der Khupe...
 Neuigkeiten
 Veranstaltungshinweise
 Einleitender Aufsatz: Klezmer in Deutschland
 Deutsche Gruppen
 Gruppen stellen sich selbst vor
 Linksammlung: deutschen Gruppen
 Liste aller besprochenen Gruppen
 Gruppen/Platten<
 Konzerte
 Bücher
 Filme
 MP3
 Noten
 Liedertexte>
 Linksammlung: internationale Gruppen
 Linksammlung: deutschen Gruppen
 Aufwind
 a Tickle in the heart
 Chalil
 Colalaila
 Di Chuzpenics
 Di grine Kuzine
 Duo Avierto
 Helmut Eisel
 Gebrider Moischele
 Giora Feidman
 Harrys Freilach
 Huljet
 Jerewan
 Kasbek
 Khupe
 Klezgojim
 KlezmerOrchester
 Klezmers Techter
 Klezmorim (Tübingen)
 Kol Simcha
 MasselTov
 Mesinke
 Ojojoj
 Tacheles Klezmer Company
 Schnaftl Ufftschik
 Yankele Kapelle
 Yiddish Blues
 Zwetschgendatschi
 Neue Titel
 Übersetzungshinweise
 Titel A-E
 Titel F-L
 Titel M-S
 Titel T-Z
 Übersicht
 Historisch (vor 1940)
 in der Versenkung (1940-75)
 Revival (1975-90)
 Traditionalisten (ab 1990)
 Erneuerer (ab 1990)
 jüdische Lieder
 Aufnahmen für Kinder
 Stile und Formen
 persönliche Top 10
 Diskussions-Forum
 altes Gästebuch
 altes Schwarzes Brett
 Impressum+Kontakt
 Inhalt
 Vorwort
 1. Shvaygn = Toyt
 2. Klezmology
 3. A world of Klezmer
 4. Freilach in Hi-Fi
 5. Fully Klezmerized
 6. Tradition is a Continuum
 Bibliographie
 Diskographie