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Jiddisches Theater

   

Jiddisches Theater

Unter den zahlreichen Gelegenheiten, als Klezmer zu arbeiten, stellte das jiddische Theater eine gewisse Zeit eine wichtige Alternative zu Hochzeiten dar. In Osteuropa wurde 1876 von Abraham Goldfaden (1840-1908), der allgemein als der Vater des Jiddischen Theaters bezeichnet wird, die erste moderne jiddische Theaterkompanie in Rumänien gegründet. Vom Rabbinat war Theaterspielen grundsätzlich als frivol eingestuft und nicht erlaubt, außer z.B. für das Purimspiel, bei dem Amateurinszenierungen eine biblische Geschichte nachspielten. Auch dem zaristischen Rußland waren die umherziehenden jüdischen Theatergruppen ein Dorn im Auge. Von 1883 bis 1904 wurden sie dort schließlich verboten. Goldfaden selber führte sein Theater noch einige Jahre unter einem Decknamen versteckt weiter, mußte aber letztendlich wie die meisten Theaterschaffenden nach Amerika auswandern.

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Von Anfang an etablierten sich Theaterstücke, die mit viel Musik durchsetzt waren, denn Goldfaden mußte zu Beginn mangels Schauspieler auf Sänger und Musiker zurückgreifen. Es gab meist einen unterhaltsamen Rahmen, der eine grobe Handlung nach literarischer oder journalistischer Vorlage beinhaltete, aber eigentlich nur um einige Couplets herum gebaut wurde. Über die Arbeitsweise von Goldfaden sind viele Anekdoten überliefert. Er war als Tyrann, der seine Schauspieler schamlos ausnützte, bekannt.

    “When Goldfadn auditioned actors for his fledgling troupe, he had them sing. Arnold Perlmutter, a composer, sat in the corner and wrote down whatever the performer sang, whether operatic arias, liturgical music, or folksongs of any nationality. Later Goldfadn (...) simply plugged in their audition numbers, changing the text to suit his drama.” (Slobin 1982:5)

Goldfaden selber sollte die große Zeit des jiddischen Theaters allerdings nicht mehr erleben, sie begann erst nach seinem Tod sowohl in Amerika, als auch in Osteuropa. In New York wurde die Second Avenue zum Inbegriff der jiddischen Theaterwelt, hier befanden sich die wichtigsten Schauspielhäuser.

Um die Jahrhundertwende gab es mehr als ein Dutzend jiddischer Spielstätten, die sich auf der Second Avenue zwischen Houston und 14ter Straße befanden. Eine Statistik von 1905 schätzte die Anzahl der Besucher pro Tag auf fünf- bis siebentausend an sieben Tagen in der Woche mit zusätzlich zwei Matineevorstellungen am Wochenende. Das Theater war nicht nur eine Form der Unterhaltung, sondern vor allem ein Treffpunkt für die Einwanderer. Nicht selten dauerte daher die Pause genauso lang wie ein Akt.
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Komponisten wie unter anderem Joseph Rumshinsky, Herman Wohl, Arnold Perlmutter, Alexander Olshanetsky, Sholom Secunda halfen eine eigenständige und überaus erfolgreiche jiddische Theatermusik zu kreieren. Material, das hierfür direkt aus der Klezmer-Tradition übernommen wurde, stellte nur einen kleinen Teil dar, wie aus Katalogen für Notenhefte von Theatermusik hervorgeht. Sänger wie Aaron Lebedeff, Maurice Schwartz, Gus Goldstein und Sam Kasten wurden zu hochverehrten Stars dieser Bühnen. Einige von ihnen machten Filme, wie z.B. eine der schillerndsten Frauen des jiddischen Theaters, Molly Picon.

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Sie kam mit dem bis heute bekanntesten Klezmer-Film “Yidl mitn Fidl” zu internationalen Ruhm. Die Lieder der erfolgreichsten Produktionen blieben im Gedächtnis des Publikums hängen und man konnte und wollte sie auch außerhalb der Theater auf Straßen, in Cafehäusern und bei Parties hören. Diese Theaterhits sind noch heute Standards bei einem großen Teil der Klezmer-Bands in den USA.

    “The people were going to the theatre, they were the audience for the theatre and they wanted to hear these songs at the parties. So the Yiddish theatre became part of the klezmer repertoire in this country.” (Interview Sokolow)

Zur Begleitung der Sänger und Sängerinnen auf der Bühne saßen in den Orchesterböden der Theater damals feste Ensembles, die teilweise aus Klezmorim bestanden. Um in Amerika ein solcher Musiker werden zu können, war Voraussetzung, daß man gut ausgebildet war, Noten lesen konnte und dem Musikerverband angehörte. Viele konnten diesen Anforderungen nicht Genüge leisten und mußten sich anstattdessen als sogenannte “club-date musicians” auf dem offenen Markt durchschlagen.

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