“The popularity (...)
emphases are: 1. Cantorial; 2. Yiddish
Theater; 2.1. Songs; 2.2. Skits and
Comedy; 3.Jewish Instrumental Music
(...) Catalog entries and extant discs
suggest that klezmer music was the least
recorded genre of Jewish music.” (Sapoznik/Feldman/Statman
1980:3)
Im Verhältnis zu anderen Einwanderungsgruppen
ähnlicher Größe gibt es von jüdischer
Musik insgesamt vergleichsweise wenige
Aufnahmen. Die meisten Platten entstanden
in den Jahren 1913-1930. Erfolgreiche
Orchester und Solisten wurden bald zu
Zugpferden für die Plattenfirmen.
Die einzelnen Ensembles identifizierte
man mit dem Namen ihrer Leiter, denn bis
auf einen harten Kern änderte sich die
Zusammensetzung der Musiker von Aufnahme
zu Aufnahme.
“The musicians
were hired for the session only, though
perhaps a core of them performed regular
jobs with the band leader (...) There
was no standing orchestra: a klezmer
band was not like a symphony orchestra
which has its members on a regular salary
and rehearsal/performance schedule.”
(Sapoznik/Feldman/Statman 1980:4)
Vieles in der Musik mußte
sich an die Technik anpassen. Die
Länge der Stücke war je nach Größe
der damals gebräuchlichen Schellackplatten
auf 2 1/2 bis 4 1/2 Minuten beschränkt,
was eine ganz andere Herangehensweise
an Klezmer-Musik zur Folge hatte. Bei
den traditionellen Darbietungen mußte
sich die Band nach dem Publikum richten.
Im Studio wurde ein traditionell mehr
als dreißigminütiger Tanz auf drei Minuten
zurechtgestutzt, um auf die Platte
zu passen. Auch die Instrumentierung wurde
vom neuen Medium geprägt, denn besonders
in größeren Ensembles konnte man leisere
Instrumente wie die Geige nicht mehr heraushören.
Ungewöhnlich große Gruppen, nach dem Vorbild
der Bigbands konzipiert, erspielten sich
mit Namen wie Joseph Cherniavsky’s
Hasidic-American Jazz Band in den zwanziger
Jahren Erfolge, indem sie die alten Melodien
mit aufwendiger Instrumentierung und neuartigen
Arrangements aufpeppten. Bei den Aufnahmen
entstanden regelrechte “Kunstversionen”
oder “concertised versions (...) like
really orchestral, art versions of bulgars”,
die in dieser Form und Besetzung live
fast nie zu hören waren.
Trotzdem waren es vor allem die Plattenaufnahmen,
die zum ersten Mal in der Geschichte der
Klezmer-Musik genaue Vorlagen und Standardisierungen
von Liedern produzierten. Das Publikum
konnte von nun an Klezmer-Musik mit nach
Hause nehmen und zu jeder beliebigen Zeit
hören, die Musik existierte plötzlich
auch außerhalb ihrer gesellschaftlichen
Funktion.
“At best,
klezmer recordings represent only a
rough idea of what klezmer sounded like.
But the demands of the recording experience
and commercialization meant that at
worst the studio work represents an
entirely different version of klezmer
music and klezmer identity.” (Loeffler
1997:48)
Eine weitere Neuerung bestand
darin, den Tanzmelodien eigene Namen
zu geben. Die Musiker bezeichneten vorher
die verschiedenen Lieder mit dem ihnen
zugehörigen Tanz, ihrer Tonart oder mit
dem Namen desjenigen, von dem sie das
Lied gelernt hatten. Um aber einen Bulgar
vom anderen zu unterscheiden und um als
Künstler die Tantiemen für Kompositionen
und Aufnahmen bekommen zu können, mußte
man für alt bekannte Stücke, die nie eigene
Namen hatten, plötzlich Namen aus dem
Hut zaubern. Dave Tarras
berichtete, daß er im Studio unter Druck
gesetzt, die Stücke kurzerhand nach seinen
Verwandten benannte:
“When I
went for a (recording) session they
told me: We want bulgars, we want freylekhs.
The only complication I had was the
names (...) I had one Shifer tants Rukhele,
my daughter’s name. Names - I gave relatives’
names.”(Dave Tarras wie zitiert in:
Sapoznik/Feldman/Statman 1980:10)
Ein erster Einschnitt
in die goldene Phase der Klezmer-Aufnahmen
fand 1914 mit Beginn des Ersten Weltkriegs
statt. In Europa produzierte Masters wurden
nicht mehr lieferbar und es riß ein wichtiger
direkter Draht zu den musikalischen Entwicklungen
in der “Alten Welt” ab. Mit dem Aufkommen
der Radiotechnik und dem Entstehen
vieler jüdischer Radiosender reduzierte
sich das Bedürfnis nach Plattenaufnahmen
weiter.
Musik kostete nichts mehr
und außerdem war die Klangqualität im
Radio besser als bei Schellackplatten.
Durch den Einwanderungsstop 1925 kamen
vorerst keine Osteuropäer mehr über den
Ozean und die neuen Generationen interessierten
sich immer weniger für Klezmer-Musik.
Die Wirtschaftskrise von 1929 hatte weiterhin
zur Folge, daß die Plattenverkäufe stark
zurückgingen. Die großen Plattenfirmen
zogen sich weitgehend aus den ethnischen
Bereichen zurück und überließen kleineren
Firmen den abgeschwächten Markt. All diese
Faktoren führten dazu, daß die Plattenproduktion
von instrumentaler aschkenasischer Musik
nach 1930 immer mehr zurückging.
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