Seit der Öffnung der Ostblockstaaten
hat eine neue Einwanderungswelle
in die USA stattgefunden. Viele der Neuankömmlinge
sind jüdisch und bringen zur großen Überraschung
der Amerikaner noch eine gewisse Kenntnis
der längst vergessen geglaubten osteuropäischen
Instrumentalmusik mit. Michael
Alpert, Sänger, Geiger und Akkordeonist
von Brave Old World ist
im regen Kontakt mit einigen von ihnen
und hat erstaunliche Entdeckungen gemacht.
Er erzählt, daß in den letzten zehn bis
fünfzehn Jahren eine Reihe neuer Musiker
und Sänger nach New York gekommen sind,
die zwischen fünfzig und siebzig Jahre
alt sind. Sie wirken wie Zeitkapseln,
da sie häufig aus ländlichen Gebieten
kommen und das alte Klezmer-Repertoire
immer noch spielen können. Ein Klarinettist,
German Goldenshteyn, der
aus dem Grenzgebiet von Ukraine und Moldavien
gekommen ist, hat z.B. seine eigene handgeschriebene
Sammlung von über 600 jüdischen
Melodien mitgebracht, die auch einen noch
kaum ausgewerteten Schatz an Klezmer-Melodien
zu beinhalten scheinen. Bisher haben diese
Musiker allerdings zur etablierten Klezmer-Szene
nur sehr zögerlich Zugang bekommen.
Eine dritter, besonders in New York gepflegter
Umgang mit Klezmer-Musik findet sich bei
einer Gruppe experimenteller Musiker.
Die meisten von ihnen stammen aus dem
Umfeld des New Yorker Avantgardejazz-Paten
John
Zorn und des in der Lower
East Side von Manhattan gelegenen Jazzclubs
“The
Knitting Factory”. Ihr Ansatz
beschäftigt sich mehr mit der Idee von
Klezmer, weniger mit der konkreten musikalischen
Form. Sie nehmen vielmehr Elemente,
Stimmungen und Motive der Musik
auf und setzen sie in einen völlig neuen
musikalischen Rahmen. Nur wenige von ihnen
interessieren sich tiefergehend für die
Tradition. Die Interpretationen, die hier
entstehen, sind kaum miteinander zu vergleichen.
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