Virtual Klezmer

von der Khupe zum KlezKamp
5. Fully Klezmerized
Ein Markt für Klezmer-Musik

Ein Markt für Klezmer-Musik

In den neunziger Jahren ist dasKlezKamp an die Grenze seiner Kapazität gelangt. Es findet sich in jeder größeren Gemeinde der USA eine Klezmer-Band und landesweit sind große Konzertsäle bei Klezmer-Konzerten ausverkauft. Man könnte fast annehmen, Klezmer wäre wieder ein einträglicher Beruf. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, daß nur eine kleine Gruppe von Musikern ihren Lebensunterhalt mit Klezmer-Musik ganz oder teilweise verdient.

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Konzerte nehmen nur für die bekannten Bands wie Brave Old World, Kapelye , The Klezmatics, The Andy Statman Klezmer Orchestra, The Epstein Brothers und The Klezmer Conservatory Band sowie einer Handvoll weiterer Bands einen nennenswerten Platz ein. Bis vor zwei Jahren war der Konzertmarkt für Klezmer-Musik in Europa größer, als in den Vereinigten Staaten. Erst durch den Erfolg einer Fernsehdokumentation und CD bei der mehrere Bands zusammen mit dem klassischen Geiger Itzhak Perlman auftraten, haben Konzerte vor allem in den USA und hauptsächlich für die an dem Projekt beteiligten Bands beträchtlich zugenommen.

Klezmer-Konzerte finden in vielen unterschiedlichen Veranstaltungsorten statt, von jüdischen Gemeinden angefangen, über Colleges bis hin zu den üblichen Konzertsäälen. Die Kapazität schwankt dabei von unter 100 bis über 2.000, bei Konzerten mit Itzhak Perlman sogar bis zu 15.000 Personen. Der New Yorker Veranstalter jüdischer Konzerte, Moishe Rosenfeld, gab aus seiner Perspektive noch 1996 an, daß er keinesfalls allein von der Präsentation von Klezmer-Konzerten leben könnte. Er buchte damals im Durchschnitt nicht mehr als zwei bis drei Klezmer-Veranstaltungen pro Jahr und beobachtete in ganz New York nur ca. dreißig bis vierzig öffentlicher Konzerte jährlich, die mit dem Stichwort “Klezmer” angekündigt wurden.

Neben den Einzelkonzerten haben sich inzwischen ein paar Festivals etabliert, bei denen regelmäßig bekannte und weniger bekannte Klezmer-Bands oft aus der ganzen Welt präsentiert werden. Besonders zu erwähnen ist hierbei das seit 1992 bestehende Festival von Krakau in Polen, das jedes Jahr gegen Mitte Juni eine Reihe amerikanischer Bands einlädt.  Das “Ashkenaz Festival” in Toronto, Kanada, ist seit 1995 ein Treffpunkt der innovativen, aber stark in den jiddischen Wurzeln verhafteten Künstler. Die experimentelle jiddische Musik hat seit 1993 bei John Zorn’s “Radical Jewish Culture Festival” in New York ihren Platz gefunden. Es findet immer zu einer anderen Zeit im Jahr jeweils an einem der wichtigen jüdischen Feiertage statt.

Für die Mehrheit der Klezmer-Bands sind Hochzeiten und Parties wieder (bzw. immer noch) die wichtigeren Arbeitsquellen, auch wenn insgesamt DJs mit Musik aus der Konserve die Musiker immer mehr von der Bühne verdrängen. Selbst für bekannte Bands sind diese “funktionalen Anlässe” neben Konzerten oft noch ein wichtiger Bestandteil ihres Einkommens. Alicia Svigals berichtet, daß The Klezmatics durchschnittlich zwei bis drei Auftritte im Monat bei Parties zu spielen pflegten. Wegen des zunehmenden Erfolgs und damit ansteigenden Preises für die Band und durch längere Abwesenheit auf Tourneen sei dies in den letzten zwei Jahren proportional zur Zunahme an Konzerten allerdings etwas zurückgegangen. Sie betont jedoch, daß The Klezmatics bei Parties ihr übliches Programm spielen und sich nur bedingt an die Wünsche des Publikums anpassen.

    “When the Klezmatics play weddings and parties. What we do is, either we do all kind of party music (...) We do like klezmer party music, not Yiddish theater stuff, not the Lambada (...) Just klezmer in the style of New York Psycho Freylakh. Or we do that and stuff like the Fisherlied, depending on the audience. A lot of audience hire us now because we’re the Klezmatics obviously and they want to hear all our stuff. It’s all stuff that we do on stage, but just in different proportions.” (Interview Svigals)

Im Gegensatz zu der Situation seit den fünfziger Jahren, als Klezmer-Musik eine unverbindliche Untermalung bei Tisch war, hat Kurt Bjorling beobachtet, daß heute viele Gruppen wieder zu den zeremoniellen Teilen und beim Tanz eingesetzt werden. Instrumentale aschkenasische Musik wird inzwischen nicht mehr als exotisch angesehen und ist wieder ein selbstverständlicher Bestandteil des ansonsten nach wie vor buntgemischten Tanzrepertoires. In New York finden sich einzelne Musiker oft spontan zusammen, um Parties mit der jeweils gewünschten Besetzung und dem jeweils bevorzugten Repertoire zu bedienen.

    “We all freelance around (...) People call for something not for the Klezmatics so I call my friends (...) and we form a little ad hoc trio just for that event. For weddings and parties and stuff like that.” (Interview Svigals)

Neben Live-Konzerten spielt das Einkommen durch CD-Veröffentlichungen eine gewisse Rolle. Allerdings sind sie für viele Bands mehr als Werbematerial bedeutsam und weniger, weil sie viel Geld einbringen. Mark Kligman, der Statistiken zu Verkaufszahlen von Tonträgern im jüdischen Markt von unterschiedlicher jüdischer Musik zusammengetragen hat, stellte fest, daß der größte Teil der Klezmer-Bands durchschnittlichen nicht mehr als ca. 5000 Exemplare einer Aufnahme in Form von CD oder Kassette verkaufen. Die Tonträger scheinen nur bei den erfolgreichsten Klezmer-Bands, die bestenfalls zwischen zehn- und zwanzigtausend Exemplaren pro Titel verkaufen, über die Herstellungskosten Gewinne einzubringen. Im Gegensatz dazu stehen Produktionen der orthodoxen und Chassidischen jüdischen Gemeinden, von denen viele um die zwanzigtausend und einige Stars sogar mehrere hunderttausend Tonträger verkaufen.

Deutlich erkennt man den vor allem in den jüdischen Kreisen scheinbar niedrig eingeschätzten Marktwert von Klezmer-Musik daran, daß selbst in den wichtigsten jüdischen Buch- und Plattenläden in New York selten Tonträger von mehr als einer Handvoll verschiedener Klezmer-Gruppen geführt werden. Bei Streifzügen durch diese Läden trifft man am häufigsten auf Tonträger von Itzhak Perlman, Kapelye und The Klezmer Conservatory Band. Auch in den großen, allgemeinen Musikläden ist es nicht anders. An dieser Situation hat sich, zum Unverständnis der Musiker, seit Jahren nichts geändert.

    “I dare you to walk into a record store and be able to find 5 decent klezmer records in one store - forget it.” (Interview Sklamberg)

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