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Die neue Funktion von Klezmer Musik

Die neue Funktion von Klezmer-Musik

Die Erwartungen des größten Teils des Publikums sind eindeutig. Es werden immer wieder die gleichen Lieder und Stücke gewünscht. In Konzerten soll mit den bekannten Liedern eine Assoziation zu einer romantisierten vergangenen Welt erzeugt werden. In seinem neuen Verständnis hat der Begriff einen symbolhaften Anstrich erhalten: Klezmer-Musik ist nicht mehr die alle mit der Hochzeit verbundenen Zeremonien begleitende Instrumentalmusik, sondern steht heute für die gesamte “Alte Welt” Kultur, die in der amerikanischen Gegenwart größtenteils auf verklärte Bilder reduziert worden ist.

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    “A cover symbol, in this case the term `klezmer music´, can be used as an umbrella for a variety of ethnically-related activities, as long as the audience feels the contract is being kept.” (Slobin 1984:40)

Andererseits scheint es, daß dieses Verlangen mit einer Präsentation ohne hohen Anspruch gestillt werden kann. Religiöse Aspekte sind von den Zuhörern unerwünscht, die Darbietung soll unverbindlich bleiben. Viele Musiker erzählen, wie oft sie bei Hochzeiten als eine zwar angemessene, aber wenig beachtete Hintergrundmusik behandelt werden und wie wenig die gute oder schlechte Qualität der Darbietung von den Gästen überhaupt wahrgenommen wird. Auch bei vielen Konzerten ist die Situation nicht grundlegend anders.

    “You couldn’t say: oh, I’m a Latin musician today or I’m a jazz musician but really the degree to which people can say that they’re klezmer musicians based on a pretty short term and not deep commitment to learning about it. Someone can pop up and say they’re klezmer musician. If someone says that they’re a jazz musician, everybody comes to the gig to pick them apart and if they don’t really have the shit, they’re not really a jazz musician to the people who come. Whereas I don’t think the klezmer audience is quite so discriminating in terms of who has the stuff and who doesn’t (...) The people will come to anything Jewish.”(Interview Byron)

Die Musik hat die neue Funktion, das Publikum in seinem unklaren Jüdischsein zu verbinden. Daraus erklärt sich die oberflächliche Einstellung, mit der der größte Teil der jüdischen Konsumenten auf Klezmer-Konzerte zu gehen scheint. Der Veranstalter Moishe Rosenfeld erhielt als Ausdruck dessen nach einem Konzert von The Klezmatics in einem 2000 Menschen fassenden Saal in Brooklyn zahlreiche Beschwerden vom Publikum. Die Senioren waren über die moderne Interpretation und die vielen ihnen unbekannten Stücke empört und hatten noch während der Show einen Zettel auf die Bühne gereicht. Darauf stand “Why don’t you play something we know?” Nach der Pause erklärten The Klezmatics ihr Programm und ihren Ansatz, trotzdem verließen viele der um ihre Erwartungen betrogenen Zuschauer den Saal. Das Konzert war Teil einer ganzen Reihe von Abonnementveranstaltungen, bei denen verschiedene Ensembles großen Anklang bei demselben Publikum fanden, weil sie eben ein “mainstream” Programm präsentierten.

Eine Reihe von Klezmer-Bands reagieren auf diese Ansprüche, indem sie neben der Auswahl der “richtigen” Stücke auch eine ausgefeilte Show auf die Bühne bringen. Musiker, die nicht bereit sind, sich diesen Einschränkungen zu unterwerfen, sehen sich ständig mit dem Unverständnis und dem Erwartungsdruck der große Masse konfrontiert. Ein Beispiel, welches das Dilemma für viele Musiker deutlich macht, erzählt Michael Alpert von Brave Old World. Nach einem Konzert kam eine Frau zu ihm, um die neue CD der Gruppe gegen eine ältere einzutauschen. Das neue Werk hatte ihre Erwartungen nicht erfüllt, sie wollte “more klezmer and less art.”

Klezmer-Musik wurde immer unklarer in ihrer Definition, aber immer stärker mit gewissen Erwartungen verbunden. Medien wie Publikum fassen inzwischen die gesamte Musikkultur der aschkenasischen Traditionen der Einfachheit halber (ohnehin kann fast keiner Unterscheidungen treffen) unter dem Begriff “Klezmer-Musik” zusammen. Das ursprünglich nur eine ganz bestimmte Sparte bezeichnende Wort wurde inzwischen zu einem publikumsziehenden Oberbegriff auf dem Musikmarkt.

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