Virtual Klezmer

Huljet
the goj group

(Besprechung: Karen)

Huljet - the goj group
heartmoon-rec ./Indigo TP9-18

Als ich Gus' Besprechung dieser CD las, kaufte ich sie mir mit dem festen Vorsatz, eine Besprechung mit einer Gegendarstellung zu schreiben. Denn ich habe auch die erste CD der Gruppe, war schon in einigen Konzerten und weiß deshalb, dass es sich bei den Bandmitgliedern um gute Musiker handelt. Umso größer war meine Enttäuschung.

Weitere Besprechung der Platte von Gus

 

Lieder:

  1. Second Avenue freilach (2.25)
  2. Yossl’s nigun (2.54)
  3. Kh’vel oyston di shikh (4.44)
  4. Rabbi in Rio (6.21)
  5. Klezmer Etude Nr. 1 (4.49)
  6. Amadeus’ nigun (4.05)
  7. Sally Dannenberg (4.08)
  8. She (7.16)
  9. My kind of Klezmer (3.54)
  10. Der kleine Trommler (7.24)
  11. Mayn rue-plats /Milonga triste (5.56)
  12. The Epsteins (4.06)
  13. The gojgroup (8.45)
  14. Mayn rue-plats (reprise) (1.00)
  15. Di blowe stund (3.10)
 

Kommentar zu einzelnen Stücken:

Second Avenue freilach Deutlich langsamer als das Original von Abe Ellstein/Dave Tarras, was das Stück nicht gerade "freilacher" macht.

Yossel's nigun Eine ganz schöne Melodie. Weckt keine besonderen Emotionen.

Kh'vel oyston di shikh Für meinen Geschmack noch das beste Lied auf der CD, da die Melodie sehr schön ist. Das ist aber leider nicht Huljets Verdienst...

Rabbi in Rio Das hätte spannend werden können. Im schwarzen Talar zwischen den knappen bunten Bikinis an der Copacabana. Welche Dynamik täte sich da auf, man stellt die zwei musikalischen Welten gegeneinander und läßt sie rhythmisch knirschen. Schade, "Thema verfehlt" stand früher immer unter den Aufsätzen. Warum die essentiellen 2/3 Clave der lateinamerikanischen Musik auf die "3" verkürzt und der wichtige Schwerpunkt auf die "4" weggelassen wurde? Wahrscheinlich war das der Einfluss des Rabbis.

Klezmer-Etude Nr. 1 Ein geradezu unerträgliches Stück. Der Gesang ist grässlich, da bleibt nur eines: "Nächster Track". Wenn das Huljets Klezmer-Etuden sind, dann begreife ich allmählich, warum die CD so wenig mit Klezmer zu tun hat.

Amadeus' nigun Gut, dass Mozart auch spannendere Themen komponiert hat. Sonst würden wir ihn heute vermutlich gar nicht kennen.

Sally Dannenberg Dieses Lied klingt, als sei es ein Song aus einem Pop-Musical, allerdings ohne Ohrwurm-Qualität. Dass der Text ein ernstes Thema behandelt (Der Jude Sally Dannenberg wurde 1941 "abgeholt") hebt es auch nicht aus der Banalität hervor.

She Für Fans guten Klarinettenspiels mit Marimbafon-Begleitung sicher interessant. Auch live vermutlich beeindruckend. Auf einer CD einfach nur langweilig.

My kind of klezmer Es kann sein, dass das die Art Klezmer des Komponisten ist. Meine Art Klezmer ist es ganz sicher nicht und ich bezweifle stark, dass es überhaupt Klezmer ist.

Der kleine Trommler Überraschend, was "der kleine Trommler" für ein großes Drumset mit sich herumträgt! Aber da kleine Jungens nunmal gerne vorführen, was sie alles so haben, ist es wahrscheinlich nicht erstaunlich, dass wir nun wirklich JEDE Trommel und JEDES Becken des Schlagzeugers hören durften. Ansonsten: Wieder eine ganz nette Melodie.

Mayn rue plats/Milonga triste Eine sehr schönen Melodie. Allerdings stört mich die Aufnahmetechnik ungemein, die das Gefühl erzeugt, als singe mir Georg Brinkmann direkt ins Ohr. Und wenn das Stück dann "ins südamerikanische" umschlägt, dann hilft auch die schöne Melodie nichts mehr.

The Epsteins Ein Lied, das mir normalerweise gut gefällt. Aber in der hier aufgenommenen Version klingt es seelenlos, wie am Computer geplant und, abgesehen von der Klarinette, mit Keyboard und Drum-Computer eingespielt.

The gojgroup Ein ganz nettes Stück. Aber wiedermal kein Klezmer.

Mayn rue-plats (Reprise) Eine Art, diese schöne Melodie zu spielen, die ich einfach nur schrecklich finde.

Di blowe stund ...jaa, Sonntagnachmittag, Räucherstäbchen, Teetassen in der Hand, jetzt die richtige Musik auflegen, ...Leonhard Cohen? Nein, jetzt weiß ich's: "Novalis"... Who, the F... is Novalis? Muss man nicht wissen, wirklich! Ich hatte ja geglaubt, dass heutzutage niemand mehr diese Art Musik hören will, aber "Di blowe Stund" hat mir gezeigt, dass es doch noch Fans der 70er Jahre Musik gibt!


Fazit:
Eine CD, die bei keinem Klezmer-Fan im Regal stehen muss. Denn die hier aufgenommene Musik ist in meinen Augen kein Klezmer, sondern banale und belanglose Popmusik. In Richtung Klezmer geht hier nur die zweifellos sehr ordentlich gespielte Klarinette. Akkordeon und Marimbafon hinterlassen keinen bleibenden Eindruck. Der E-Bass, der sich bei vielen Stücken dominant in den Vordergrund drängt, zerrt an den Nerven. Das Schlagzeug kommt hölzern und unelegant daher. Eine CD, die mich dazu treibt, meine CD mit der härtesten und lautesten Musik hervorzukramen und in voller Lautstärke abzuspielen, um das fade Gefühl aus meinem Inneren zu vertreiben.
Ich hoffe sehr, dass die Gruppe mit ihrer nächsten CD wieder eine Richtung einschlägt, die ihrem Können als Musiker gerecht wird.

Bewertung:
 Interpretation
 Virtuosität
 Spielfreude
 Aufmachung

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