Der Veranstaltungsort war wahrscheinlich
früher ein Kino, inzwischen die Leinwand
einer Bühne gewichen, die Parkett-Sitze
sind zugunsten einer Tanzfläche rausgeflogen,
nur auf dem Rang stehen noch Sitzplätze
für gebrechliches oder altes Publikum.
Im ehemaligen Projektor-Raum wird für
die Beleuchtung gesorgt.
Schon bei Abgabe meiner Jacke fiel mir
auf, dass ich, im Unterschied zu den Konzerten,
die ich in Deutschland besucht haben,
nicht zum jungen sondern zum alten Teil
des Publikums gehörte. Zu Hause lag der
Schnitt etwa bei 50, hier bei 25.
"Di Naye Kapelye" fing pünktlich
um 20:00 Uhr an. Ihre Besetzung war anders
als auf der CD, ich glaube sogar, dass
ausser dem Bandleader Bob Cohen (Gesang
und Violine) und der Akkordeonspielerin
Christina Crowder (schlägt auch mal eine
Trommel) keiner der Mitspieler der CD
dabei war.
Die anderen beiden (deren Namen ich, offen
gesagt, nicht verstanden habe) spielten
jedenfalls Hackbrett (und bei zwei Liedern
Klarinette) und Kontrabass. Ihr erstes
Stück war ein fetziges Medley aus 3 Liedern,
schon beim 2 Thema fingen die ersten Leute
an, mitzuklatschen.
Am Ende des Liedes war dann der Unterschied
zwischen fränkischem Publikum in vorgerücktem
Alter und Prager Publikum in bestem Alter
deutlich hörbar:
Während zu Hause nach dem Stück mindestens
eine Sekunde vergeht, bis die ersten zaghaften
Klatscher erklingen, bricht in Prag nach
maximal einer halben Sekunde tosender
Applaus los. Nach dem ersten Stück einigte
sich Bob Cohen mit dem Publikum darauf,
dass man sich auf Englisch unterhalten
würde (keiner im Publikum konnte Jiddisch
und er kann kein Tschechisch).
Vor jedem Lied nannte er dann den Titel
oder erzählte eine Anekdote, so dass auch
zwischen den Liedern die gute Stimmung
nicht abriss. Beim dritten Lied sprang
er von der Bühne, um dem Publikum die
richtigen Tanzschritte zu zeigen, da übernahm
dann der Hackbrett-Spieler die Melodiestimme
und spielte Klarinette (vorher hatte Bob
Cohen auf der Geige gespielt).
Das Stück wurde dann mehrfach durchgespielt,
die Stimmung erreichte einen Höhepunkt.
Der Saal tobte und viele Zuschauer von
der Galerie rannten nach unten auf die
Tanzfläche, um mitzutoben.
Nach einer kurzen Pause ging es dann
weiter, die Stimmung wurde noch besser.
Doch auch langsame Stücke wurden gespielt
und die Zuschauer hörten andächtig zu.
Um 22:00 Uhr hörte
Di Naye Kapelye
dann auf ("Sorry, aber es ist 22:00
Uhr!"), aber das konnte niemand akzeptieren.
Es wurde solange geklatscht und gejohlt,
bis die Band wieder auf die Bühne kam
und noch einige Stücke spielte. Als letztes
war ein Stück dran, dass ich als "Glezele
Mashke" kenne, hier war es gleich
ein "Fläschele Mashke" und das
gesamte Publikum sang begeistert den Refrain
mit.
Auf dem Heimweg kam man dann an einigen
Leuten vorbei, die das Lied immer noch
summten.
Fazit:
Ein tolles Konzert! Zwar sicher nicht
so virtuos gespielt wie bei manch anderer
Band. Aber wen interessiert das schon,
wenn er sich prima amüsiert hat?
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