Naftule Brandwein - Herkunft und Geschichte:
Wenn sich die Klezmer-Szene der frühen
20er Jahre in einem Namen zusammenfassen läßt, dann
ist das ohne Zweifel Naftule Brandwein. Kein
Musiker der damaligen Zeit hatte mehr Einfluß auf
die Musik als er.
Brandwein stammte ursprünglich aus der
polnisch galizischen Stadt Przymyzl und wurde als
Sohn des Geigers Peysekhke, Nachkomme der Hassidischen
Dynastie des Rabbi Yehuda Hirsch Brandwein, im Jahre
1889 geboren. In der kinderreichen Familie mit 12
Geschwistern wurde viel musiziert. Sein Bruder
Moyshe spielte unter anderem Geige und Posaune, Mendel
Klavier, Leyzer spielte Schlagzeug. Sein Bruder Azriel
war sein erster und wichtigster Lehrer.
Sadie Freeman, Naftules Tochter erinnert
sich: “Er spielte mit jedermann und jeder dachte,
er wäre einer der ihren, Polen, Zigeuner und Juden”.
1908, im Alter von 19 Jahren verließ Naftule
Polen und emigrierte nach New York. Dort bezeichnete
er sich selbst als “King of jewish music” und wurde
in kurzer Zeit bekannt. Der Titel blieb an ihm haften
und Alle, die ihn spielen hörten meinten, noch nie
seinesgleichen in New York gesehen zu haben.
Naftule spielte in den 20er Jahren in
dem Orchester um Abe Schwartz mit und nahm in der
Zeit die meisten Schellacks auf. Er verließ das Orchester
allerdings recht bald wieder um seine eigene Gruppe
zu gründen.
Im Abe-Schwartz-Orchester trat Dave Tarras
an die Stelle von Naftuel Brandwein. Im Vergleich
zu Naftule war dessen Spiel diametral entgegengesetzt.
Während Naftule eine ungemein lebendige Art zu spielen
hatte und bei den eingeübtesten Stücken immer klang,
als würde er improvisieren, hatte Dave Tarras ein
stark unterkühltes und distanziertes Spiel (Er bezeichnete
sich selbst als “notn freser”).
Um das Spiel von Naftule Brandwein und
dessen öffentliche Auftritte haben sich eine ganze
Reihe von Anekdoten gerankt, die zur Mystifizierung
des großartigen Klarinettisten beigetragen haben.
Es wird beispielsweise von ihm erzählt, er sei in
einem Unkle-Sam-Kostüm auf die Bühne gekommen, über
und über behängt mit Weihnachtsbaum-Beleuchtung. Angeblich
soll er sich dabei aufgrund übermäßigem Schwitzens
benahe selber ins Jenseits befördert haben. Auch soll
er immer wider mit dem Rücken zum Publikum gespielt
haben, damit ihm keiner seine Fingerhaltungen abschauen
konnte (in Miles Davis-Manier) oder auf Parties plötzlich
seine Hosen heruntergelassen haben. Eine ganze Menge
Geschichten kursieren um den Mythos Naftule Brandwein.
Sicher scheint auf jeden Fall zu sein, daß er sehr
gern etwas tief in die Flasche geschaut hat.
Aufgrund seiner ausufernden Lebensweise
und seines Verhaltens, wenn er betrunken war, wollte
im Laufe der zeit kein Musiker mehr so recht mit ihm
spielen.
Im Laufe der Zeit wurden jedoch zeitgenössiche
Tänze immer populärer. Im Oktober 1927 spielte Naftule
seine letzten Aufnahmen für die nächsten 14
Jahre ein.
Erst im Jahre 1941 sollte er wieder von
dem Mikrophon stehen. Der Alkohol und die Lebensart
hatten damals aber schon Spuren hinterlassen und das
Spiel klang nicht mehr so leicht und energiereich
wie ehedem. Es sollten seine letzten Aufnahmen sein.
Im Jahre 1963 starb Naftule Brandwein.
Diskographie:
king
of the klezmer clarinet (1997)
|