Virtual Klezmer

Kapelye
future & past

(Besprechung: Heiko Lehmann )

Kapelye - future & past
©
1981 Flying Fish Records
Flying Fish FF 249

Arrangements © copyright 1981 Ken Maltz

Die Besetzung:
Henry Sapoznik: fiddle, vocals
Ken Maltz: clarinet, percussion
Eric Berman: tuba
Lauren Brody: accordion, piano
Josh Waletzky: piano, percussion, vocals
Michael Alpert: fiddle, percussion, vocals

 

Die Platte beginnt sehr vital, wesentliche Erkennungsmerkmale der Band werden von Beginn an gesetzt: es existiert bereits auf diesem Album ein typischer Kapelye-Sound, und das obwohl Sapoznik darauf nicht Banjo, sondern Geige spielte; das sollte sich bald ändern. Alperts und Sapozniks Geige jedoch, zusammen als Sekund-Geigen eingesetzt, schafften es, einen an transsilvanische Musik erinnernden Klang zu erzeugen.

Daneben die Elemente, die zum Sound der Band gehören: akzentuierter Rhythmus bis selbst in die synkopetisierten Bereiche, stabile Tuba Eric Bermans auf der 1 bzw. 3. Es ist der Rhythmus, der die Band von Anfang an wie eine amerikanische Klezmer-Band klingen läßt, und nicht das Banjo, das erst auf der 2. Platte auftauchte.

Kapelye-Future & Past
 

Der Einsatz des Pianos als Rhythmusinstrument, das teilweise unisono mit der Tuba spielt und zusätzlich zu Geigen und manchmal Akkordeon Sekundinstrument ist, verstärkt diesen Eindruck. Zu erwähnen ist auch Ken Maltz, der auf diesem ersten Album der Band eine bemerkenswert stilsichere Klarinette spielt; 1981 gab es neben Andy Statman und Maltz wohl kaum einen besseren Klarinettisten in dieser Musik, sieht man von Dave Tarras ab.

Drei der Bandmitglieder singen: Josh Waletzky, dessen warme, vergleichsweise tiefe Stimme und seine Intimität mit den Liedern ein wesentlicher Beitrag auf dieser ersten LP ist. Michael Alpert, dessen Ausstrahlung bereits zu spüren ist, dessen Stimme man jedoch kaum erkennen würde, kennte man ihn erst seit Brave Old World; sie ist mittlerweile wesentlich tiefer und auch etwas rauher geworden, hat meiner Meinung nach dadurch aber noch an Ausdruckskraft gewonnen. Henry Sapoznik singt ein Kapelye-Standard, Chaim Tauberts “Motl der Operator”, und dieses Stück beeindruckt mich in dieser Version noch immer. Sapoznik wird nur vom Akkordeon Lauren Brodys begleitet, durchaus sparsam und russisch anmutend, die letzten zwei Refrain-Zeilen werden als Vor-, Zwischen- und Nachspiel von ihr gespielt. Und diese Sparsamkeit gibt dem Lied eine große Dramatik (Motl stirbt ja auch im Laufe des Liedes). Lauren Brody sang leider bei keiner der Kapelye-Platten.

Mit dem Ausstieg Waletzkys nach dieser LP polarisierten sich die zwei verbliebenen Sänger und sollten damit die Band später in eine tiefe Krise stürzen, von der sie sich letztlich nie richtig erholte.

Kapeyes Debüt-Album aus dem Jahr ´81 ist ein mittlerweile historisches Tondokument des Klezmer-Revivals.

Es ist nicht nur wichtig (und darüber hinaus bis heute sehr gut), sondern es hat zahllose andere Bands inspiriert, wie z.B. Aufwind: noch auf dem 1996er Album Awek di junge jorn findet sich, neben In Shtetl Nikolaev ,  mit Fun Tashlikh ein Titel, bei dem Aufwind das Kapelye-Arrangement aufgriff und und konsequent durch das gesamte Stück führte – meiner Ansicht nach auf die Dauer recht ermüdend. Kapelye spielten den A-Teil des Stückes im 3/8 als Vorspiel, Aufwind wandte dieses Prinzip auf beide Teile an, wiederholte sie und stellte sie dem 2/4-Original gegenüber. Aufwinds erste Platte (1989) beinhaltet Motl der Operator.

Future & Past ist ein starkes Debüt-Album.

 

Side A:

Odessa Bulgar (sehr vital, durch Sekund-Geigen manchmal fast ungarisch wirkend)

Yoshke Furt Avek (Alpert singt, Maltz und Brody begleiten russisch)

A Yur Nukh Mayn Khasene (Klage einer Ehefrau, gefolgt von Tanzversion)

Bessaraber Khosidl (Geigenintro. Sehr rhythmisch -- Sekund: viol, acc, p)

Gut Purim, Yidn (Gesang, Perkussion, Geige, ungewöhnlich für die spätere Band)

Khosn, Kale (Wechselgesang Vokal und Band, melancholisches Hochzeitslied)

 

Side B:

Abe Schwartz´s Famous Sher (die 2 Geigen addieren angenehmes “Schwimmen”)

In Shtetl Nikolaev (Alpert Gesang, keine große Dramatik, sehr angenehm)

Vi Azoy trinkt a Keyzor Tey (a capella)

Fun Tashlikh (erster Teil als 3/8-Vorspiel, danach 2/4, sehr tanzbar)

Motl der Operator (Gesang und Akkordeon, ein Klassiker, souverän)

Di Mame iz Gegangen in Mark Arayn (fast identisch zur Version mit Adrienne Cooper auf Kapelyes letzter CD, jedoch hier mit Schlagzeug!)

© 2002 by Heiko Lehmann. All rights reserved.; Disclaimer
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