Virtual Klezmer

The Austin Klezmorim
East of Odessa

(Besprechung: Gus)

The Austin Klezmorim – East of Odessa
(Jewish Music in the America West)
Global Village music CD 170
Aufgenommen im Lone Star Studio Texas 1994

Die Austin Klezmorims bieten, so steht es in den liner notes (vielsagend !?) eine Mischung aus osteuropäischer Musik und Traditionen aus dem mittleren Osten mit amerikanischem Jazz, südamerikanischen Rhythmen und (natürlich) “Texas music”.

Austin Klezmorim   Die Besetzung:
Bill Averbach (Arrangements, Bandleader und Produzent, Trompete)
Mike Kaddux (Accordeon)
Howard Kalish (Geige)
Randy Zimmermann (Posaune)
Jay Rozen (Tuba)
Mark Rubin (Tuba, Banjo, Bass)
David Levy (Schlasgzeug, Löffel und anderes Besteck)
Suzanna Sharpe (Gesang)
Rachel Rhodes (Gesang)
Eric Scott (Stimme bei The Big Megilla)

 

Lieder:

  1. Birobidjan (4.25)
  2. Losin Gayn (3.47)
  3. Bulgar in D minor (5.31)
  4. Sha Shtil! (2.11)
  5. Zeltser Vasser (2.49)
  6. A Laibedika Honga (2.47)
  7. Bayt Zhe Mir Oys a Finfuntsvantsiker (3.36)
  8. The Big Megilla (8.17)
  9. Tumbalalaika (3.52)
  10. Fraylakh Sherele / Lechayim (2.23)
  11. Rozhinkes Mit Mandelin (3.13)
  12. Vi Azoy trinkt a Kayer Tey (3.51)
  13. Wu Sannen Mein Sieben Gute Yohr (2.22)
Austin klezmorim-East of Odessa
 

Kommentar zu einzelnen Stücken:

Birobidjan Ein schnelles Stück zu Beginn. Im fernen Osten der Sovjet-Republik nahe der chinesischen Grenze wurde 1934 ein unabhängiger Judenstaat gegründet, von der USSR gefördert. Davon handelt dieses Lied, optimistisch die Kolonisten, unrealistisch das ganze Unternehmen. Es ist ein wunderbares Stück das mich sofort gefangen hat und das mir eine ganze Weile im Kopf rumgesaust ist. Es hat echten Ohrwurm- Charakter. Die Stimme einer der beiden Sängerinnen (ob Suzanna Sharpe oder Rachel Rhodes ist unklar...) eher ungewöhnlich, ist tiefer und offensichtlich nicht klassisch geschult – sie paßt absolut zu dem rauhen Charakter des Stückes. Eines der  besten Stücke der Platte.

Losin Gayn Flotter Tanz mit einem starken Bläsersatz und Mark Rubin federleicht auf dem Banjo. In traditioneller Manier arrangiertes Stück. Stark. (in den liner notes gibt auch eine kleine Geschichte dazu die ich hier nicht wiederholen möchte).

Bulgar in D minor Dieser Tanz ist dem genialen Bassisten Charlie Mingus gewidmet. Mir ist nicht ganz klar wieso ausgerechnet dieses Stück? Wegen den aufeinander folgenden Soli (Trompete – Posaune - Accordeon)? Ok, es ist etwas jazzig angehaucht. Die bekannte Melodie wird nacheinander von den 3 Instrumenten gespielt und dabei jeweils etwas abgewandelt.

Sha Shtil! Das Stück vom tanzenden Rabbi – Ruhe wenn der Rebbe tanzen will! Gefälligst! Was ein toller Text! Ein Klassiker, den ich noch nie mochte und auch die hier vorliegende á capella-Version ist - NaJa – schnell weiter! Hier singt die zweite Sängerin (keine gute Stimme)

Zeltser Vasser  Laut liner notes das erste von Bill Averbach komponierte Stück. Es klingt wie ein altbekannter Traditional. Ist OK.

A Laibedika Honga David Levy spielt hier mit den löffeln ein tolles Intro. Auch wenn sich die Musiker in diesem Stück einige Male verhauen dennoch eine witzige Angelegenheit. (Auch hier eine bekannte Melodie)

Bayt Zhe Mir Oys a Finfuntsvantsiker Ein ruhiges Lied mit der Sängerin aus Birobidjan. Die Frau hat einfach eine geniale Stimme – unrein drückt sie jeden Ton aus ihrer Kehle. Finde ich ungemein sexy. (Ehrlich. Sexy!). Begleitet wird sie von einer starken Bläserbesetzung. Zusammen ideal für den langsamen Marsch. Ebenfalls ein Höhepunkt der Platte.

The Big Megilla Eine supercoole jazzige Nummer mit Sprechgesang von Eric Scott im hipster-Dialect der 60er-Jahre: "Ester‘s cool curves and dark eyes and the groovy way she dug the beauty and hipness of life." Abgefahrener Bibel-Text, der allerdings nach dem 3. Mal etwas nervt und nach dem 5. Anhören fast unerträglich wird. (Ohne Text würde sich das ansonsten sehr gute Stück weniger schnell verbrauchen)

Tumbalalaika Es gibt viele Versionen dieses traditionellen russischen Volksstückes, vor allem auf der Balalaika oder Mandoline. Darauf verzichten die Austins zugunsten starker Bläser. Leider singt hier die 2. Sängerin der Gruppe uninspiriert. Dennoch eine guter Version des Walzers.

Fraylakh Sherele / Lechayim Besonders das Accordeon-Solo sticht hervor. Dieses Stück wird durch den ausgezeichneten Gesang der “ersten” Sängerin der Gruppe (siehe auch Stücke 1 und 7). Im zweiten Teil schlägt das flotte Stück in eine unglaublich swingende Jam-Session um. Ebenfalls ein Höhepunkt der Platte.

Rozhinkes Mit Mandelin Auch dieses Stück wird von der besseren der beiden Frauenstimmen gesungen, begleitet von Mike Kaddux auf dem Accordeon. Eine einfache Melodie die man so schnell nicht vergißt. (Traditional von Abraham Goldfaden) Sehr schön!

Vi Azoy trinkt a Kayer Tey Jazzige Version des Liedes. Leider nur eine instrumentale Version. Für jemanden, der das Stück nicht kennt wirkt es etwas chaotisch – der Text fehlt einfach. Aber dennoch gut. Ebenfalls zu empfehlen ist die Interpretation des Stückes von Kapeye auf der Platte Future & Past.

Wu Sannen Mein Sieben Gute Yohr Wenn ich dieses Lied höre, muß ich unweigerlich an die uralte Version von Julius Guttmann denke. Die Austins spielen dieses Lied ebenfalls in einer instrumentalen Version. Schade. Das ist aber auch gut so, denn Guttmann ist zu hervorragend. Die alte Version ist unbedingt zu empfehlen (nur Gesang und Klavier!)


Fazit:
Die meines Wissens erste Gruppe aus Texas, die Klezmer-Musik spielen. Und das gar nicht schlecht.
Die Austin Klezmorims haben ein starkes Gewicht auf der Bläser-Sektion. Das macht ihre Stücke sehr lebhaft und gesund bodenständig – erdig. (Sie sollten jedoch auf die eine der beiden Sängerin zugunsten der Besseren verzichten.)

Mit viel Gefühl für Klezmer und mutigen Interpretationen gelingt ihnen eine der interessantesten Platten, die ich seit langem gehört habe.
Relativ wenig Informationen zur Gruppe in den liner notes, kurze Kommentare zu den Stücken.

Bewertung:
4-sehr gut 
Interpretation
4-sehr gut Virtuosität
5-ausgezeichnet Spielfreude
3-gut Aufmachung

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