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Klezmer Musik und jüdische Identität

   

Klezmer-Musik und jüdische Identität

Khupe-5-05

Nach dem Vorbild des KlezKamp wurden inzwischen weitere Workshops in Amerika und Kanada ins Leben gerufen. Neben dem Wert als Lern- und Experimentierpodium finden die Teilnehmer bei diesen Veranstaltungen auch eine Möglichkeit, ihre Arbeit mit Gleichgesinnten zu teilen und neuen Antrieb oder Bestätigung für ihre eigene Kreativität zu finden. Für einige ist es aber auch die einzige Möglichkeit sich ihrer jiddischen Kultur einmal intensiv widmen zu können, wie eine KlezKamp Besucherin aus Maine bestätigt:

    “I feel as though I’ve stocked up on Yiddishkeit and will bring it home with me to my small town where, believe me, I need it a lot.” (Lester 1987:11)

Anders als bei den orthodoxen und Chassidischen jüdischen Gemeinden gibt es für die assimilierten und zum größten Teil nicht praktizierenden aschkenasischen Juden in den USA keine klare Gemeindestruktur. Bei ihnen kann man anstatt dessen drei Grundrichtungen von religiösen und kulturellen Orientierungen feststellen. Die einen verwerfen die Kultur und behalten die Religion. Andere lehnen die Religion ab, pflegen aber die Kultur weiter, und schließlich gibt es solche, die beides unkritisch übernehmen. Alicia Svigals sieht in den “kulturellen Juden” der zweiten Kategorie das Feld, in dem die Klezmer-Gemeinde ihren Platz findet.

Die meisten dieser “cultural Jews”suchen in ihrem alltäglichen Leben wenig Verbindung zu der Religion. Die Mehrzahl der jungen Menschen unter ihnen wünschen sich, “they could be culturally Jewish, spiritual, and progressive all at once.” Nur zu besonderen Anlässen wie den größeren jüdischen Feiertagen, zu Hochzeiten, zur Bar oder Bat Mitzwah der Vierzehnjährigen, aber vor allem bei kulturellen Veranstaltungen wie Konzerten erleben sie bewußt ihre jüdische Seite.

Unter den religiös reformierten, kulturellen Juden findet sich auch die Minderheit der Jiddischisten. Sie beschäftigen sich oft seit Generationen intensiv mit jiddischer Kultur und Sprache und integrieren sie stark in ihr alltägliches Leben. Eine der wenigen gemeindeartigen Strukturen, die den weit verstreut lebenden Jiddischisten zur Verfügung stehen, sind das KlezKamp oder einer seiner Ableger. Hier können sie sich treffen und für ein paar Tage ganz der jiddischen Kultur hingeben.

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Bei diesen Veranstaltungen erleben sie ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit Gleichgesinnten , das von einigen als besonders wichtig empfunden wird. 1995 fand z.B. im KlezKamp eine Bar Mitzwah statt, die offizielle Aufnahme eines Jugendlichen in seine jüdische Gemeinde. Die Idee entstand auf den ausdrücklichen Wunsch eines Jungen aus einer jiddischistischen Familie, der seit seiner Kindheit jedes Jahr beim KlezKamp dabei war. Er setzte damit ein Zeichen, daß für ihn seine jüdische Gemeinde durch das KlezKamp repräsentiert wird. Sapoznik erkennt darin, welche persönliche Bedeutung des KlezKamp für einige der Teilnehmer haben kann.

    “Very powerful. I’m amazed and thrilled. It’s all about community, like that statement in the synagogue. It means that the event that we take part in at Kamp is no longer different than a real applicable part of one’s life. It’s not just a social thing anymore, but it’s actually something that has a very powerful effect on not just the life of the Bar Mitzvah boy, but everyone who’ll be there! Because they can take part in that sense of community - these times it’s hard to find a sense of community in any respect .” (Interview Sapoznik)

Der größte Teil der jungen Juden in New York wächst völlig säkular auf, fast ohne jede religiöse oder kulturelle Verbindung zum Judentum. Durch die Begegnung mit Klezmer-Musik wurde bei einigen eine erste Auseinandersetzung mit der kulturellen Seite des Aschkenasischseins ausgelöst. Für sie repräsentiert Klezmer-Musik keineswegs eine verstaubte alte Tradition, sondern ist vielmehr der zeitgenössische Ausdruck eines neuen kulturellen Empfindens.

    “But the klezmer revival has been the most vibrant and active Jewish music scene to emerge in decades, and it has provided the musical soundtrack for the construction of a whole new progressive, secular, Yiddishist youth culture.” (Svigals 1998:45)

Auch für viele der modernen Klezmorim ist Klezmer-Musik die einzige Verbindung zu der Kultur ihrer Vorfahren und gleichzeitig zu ihrer Religion: “it’s in a sense a way to be Jewish.” Manche führt die Auseinandersetzung mit der Kultur in die Religiosität. Das bekannteste Beispiel hierfür ist Andy Statman , der u.a. durch seine Beschäftigung mit Klezmer-Musik immer orthodoxer wurde und sich schließlich einer Chassidischen Gruppe anschloß.

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