“The `preservationists,´
who seek to re-create the sounds of
traditional music as a means of preserving
Jewish culture, and more contemporary
musicians who strive to create new
forms of music, borrowing heavily -
in the manner of Jewish music throughout
the ages - from surrounding cultures
to create something fresh and unique
to America.” (Reisner 1983:17)
Bis heute haben sich zwei
Schwerpunkte in etwas anderer Form bestätigt.
Bei den meisten Musikern kann man feststellen,
daß sie entweder auf ein öffentliches
Bedürfnis reagieren und sich stark nach
dem Publikumsgeschmack richten. Der Einfachheit
halber sollen sie hier als ,Mainstream”bezeichnet
werden. Der zweite Trend stellt insgesamt
eine kleinere Gruppe dar und wird zum
größten Teil von Profimusikern verfolgt.
Für sie ist Klezmer-Musik eine individuelle
künstlerische Ausdrucksform und spielt
eine wichtige Rolle in ihrem kulturellen
Selbstverständnis. Sie sollen zur besseren
Abgrenzung als “Profis” bezeichnet
werden.
Die “Mainstream” Gruppen lassen sich
vor allem dadurch charakterisieren, daß
sie die Bedürfnisse und Erwartungen ihres
Publikums bedienen. Hochzeitsfeiern, Bar
Mitzwahs und andere Anlässe sind häufig
ihre wichtigsten Auftrittsorte. Es gibt
inzwischen in fast allen größeren aschkenasischen
Gemeinden der USA mindestens ein solches
Ensemble. Ein gemeinsames Merkmal, das
die “Mainstreambands” häufig aufweisen,
ist ihr Programm. Die Stücke sollen möglichst
zugänglich sein und es werden eingängige
Lieder oder bekannte Tänze bevorzugt.
Ihr Repertoire enthält generell viele
Hits aus der jiddischen Theaterwelt und
Volkslieder und meist nur eine verhältnismäßig
kleine Menge an bekannten instrumentalen
Stücken. Viele dieser Bands bestehen aus
Hobbymusikern und spielen, weil
in ihrer Umgebung ein Wunsch nach Klezmer-Musik
besteht. Die Musik haben sie oft aus Notenheften
oder durch das Nachspielen der Aufnahmen
ihrer Lieblingsbands gelernt. Sie dient
vor allem dazu, ein Bedürfnis im Zusammenhang
mit gesellschaftlichen Anlässen zu erfüllen.
Nicht der rein künstlerische Ausdruck
steht im Mittelpunkt, sondern die Musik
ist Mittel zum Zweck. Vorrangig ist
daher nicht das intensive Studium des
Musikstils, sondern es genügt meistens,
sich nur die offensichtlichsten Elemente
oberflächlich anzueignen.
“I don’t
think that a lot of the people who are
playing what would be `klezmer´ music
today are really well trained in the
style or really in fact even understanding
the style. It becomes very easy for
people to learn a melody of a Jewish
song and text and superficial bits of
ornamentation and that’s fine.” (Interview
Statman)
Eine der in Amerika bekanntesten
Klezmer-Bands läßt sich unter gewissen
Vorbehalten diesem Schwerpunkt zuordnen.
Vor allem wegen ihres Repertoires und
ihrer zugänglichen Präsentation, kann
man sie als “Mainstream” bezeichnen. Die
Klezmer Conservatory Band,
kurz KCB genannt, besteht
allerdings aus Profimusikern, die Klezmer-Musik
sehr genau studiert haben und traditionsbewußt
interpretieren. Sie wurde 1979 von Hankus
Netsky am Musikkonservatorium
in Boston gegründet, nachdem Studenten
ein paar Klezmer-Stücke bei einem Konzert
gespielt hatten und unmittelbar für eine
Hochzeit angefragt wurden. Netsky hat
sich seitdem intensiv mit der Tradition
von Klezmer-Musik beschäftigt und kombinierte
von Anfang an traditionelle Klezmer-Stücke
mit einer Vielzahl jiddischer Lieder und
vor allem Theatermusik. Die KCB hat eine
gut einstudierte, vielseitige Show, bei
der sie vom kleinen Kammerorchester bis
zur vollen Bigband Besetzung alles bietet.
Durch die Auswahl bekannter und beliebter
Stücke, die sie anspruchsvoll arrangieren,
ist die Gruppe bei einem großen Publikum
in den USA sehr beliebt und sticht unter
den “Mainstreamensembles” als positive
Ausnahme hervor.
Für eine weit kleinere Anzahl von Klezmorim
in Amerika ist der Grund, sich mit Klezmer-Musik
zu beschäftigen nicht die gesellschaftliche
Nachfrage, sondern ein persönliches,
künstlerisches Bedürfnis. Sie suchen
eine bewußte Auseinandersetzung mit ihrem
aschkenasischen Kulturhintergrund, allerdings
selten aus religiösen Gründen. Viele von
ihnen haben sich dem Erhalt des musikalischen
Erbes verschrieben oder wollen die Tradition
in einer für sie selbst relevanten Weise
weiterentwickeln. Dabei spielt das Publikum
eine zwar zum Überleben notwendige, aber
für den künstlerischen Ausdruck zweitrangige
Rolle. Bands wie u.a. Brave Old
World, Kapelye und
The Klezmatics haben ihr
Programm auf Konzerte zugeschnitten, gesellschaftliche
Anlässe sind nicht ihr Hauptverdienst.
Der Trompeter Frank London
von The Klezmatics erklärt:
“We want
to make music that’s relevant. Our goal
is not to play klezmer - according to
me - our goal is to play good music,
relevant music, exciting music, personal
music, idiosyncratic music - that is
clearly klezmer music and Yiddish music.”
(Interview London)
Die traditionelle Klezmer-Musik
dient als Grundlage um sie künstlerisch
weiterzuentwickeln. Viele der “Profi”
Bands haben über Jahre hinweg die vielen
besonderen Elemente des Musikstils verinnerlicht,
bevor sie eine eigenständige Interpretation
von Klezmer-Musik entwickelten. Zev
Feldman vergleicht diesen Prozeß
mit dem Studium einer Sprache. Erst wenn
man sie wirklich beherrscht, kann man
Gedichte schreiben. Trotz der Experimente
ist es den Künstlern wichtig, daß sie
sich dabei nie außerhalb der Tradition
stellen. Der Sänger von The Klezmatics,
Lorin Sklamberg, erläutert:
“The challenge
is to put yourself into the music without
loosing the essence,´ says Sklamberg,
`and in order to be able to do that,
the basic information always has to
be in the back of your mind. We’re always
aware of that.” (wie zitiert in: Heller
1995:52)
Die “Profis” beziehen ihre
eigenen musikalischen und kulturellen
Erfahrungen mit in ihre Interpretation
der Musik ein. The Klezmatics
vermischen die traditionelle Klezmer-Musik
mit Rock-, Pop- und Jazzelementen, sowie
mit klassischen und vom Balkan inspirierten
und ihren eigenen musikalischen Vorstellungen.
Dadurch entsteht eine, der multikulturellen
New Yorker Umgebung entsprechende Musik.
Zusätzlich kreieren sie in ihren vielen
eigenen Kompositionen einen abwechslungsreichen
und zeitgemäßen Klang. Brave Old
World hingegen hat einen stärker
auf die osteuropäischen Traditionen bezogenen,
hohen künstlerischen Anspruch mit einem
Hang zu Kunstmusik und legt ebenfalls
großen Wert auf eigene Kompositionen.
Kapelye steht ganz in der
amerikanischen Tradition der ersten Klezmer-Generationen,
die sie bei ihren Konzerten möglichst
originalgetreu aber ohne nostalgische
Verklärung in die Gegenwart holen.
Vor wenigen Jahren hat sich im KlezKamp
eine Gruppe von jungen Musikern mit einem
bis dahin ungewöhnlichen Ansatz herausgebildet.
Sie verfolgen eine sogenannte “ultra-traditionelle”Klezmer-Musik.
Die Ensembles sind stark an den Vorbildern
aus Osteuropa orientiert und bestehen
nur aus akustischen Instrumenten. Trotz
der Aufnahme von 1979 von Zev
Feldman und Andy Statman , bei der
Zimbl, Klarinette, Mandoline und Baß ruhige
Instrumentalstücke interpretieren, hat
der Bereich des traditionellen Repertoires
von Klezmer-Musik, der nicht dem Tanz
gewidmet ist, in den USA wenig Beachtung
gefunden.
Der Klarinettist von Brave Old World,
Kurt Bjorling, hat sich
seit den achtziger Jahren mit diesem vernachlässigten
Aspekt in der Musik intensiv beschäftigt.
Er sammelte eine beachtliche Menge alter
Klezmer-Aufnahmen und stellte sie anderen
Musikern zur Verfügung. Mit seinem eigenen
Ensemble, dem “Chicago Klezmer Ensemble”,
spielt er neben vielen bisher unbekannten,
nur in seltenen Schellackaufnahmen erhaltenen
Stücken, auch eigene Kompositionen.
Der Klarinettist Joel
Rubin und die in Österreich
lebenden (teilweise aus Amerika stammenden)
Musiker der Gruppe Budowitz
haben sich ebenfalls jahrelang
dem intensiven Studium der Tradition aus
Osteuropa gewidmet. Aus dem rituellen
Zusammenhang genommen, scheint für ein
größtenteils völlig unreligiöses Publikum
diese Musik aber nur schwer nachvollziehbar
zu sein. Daher findet sie bisher eigentlich
nur intern unter den Klezmorim die verdiente
Anerkennung.
“I don’t
think the ultra-traditional is gonna
find an audience (...) It’s too weird,
too distant for most people to appreciate
that sound. But it’s going to succeed
to help spread the landscape of what
klezmer music is about. It’s very important
that that’s going on.” (Interview Sapoznik)
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