Virtual Klezmer

Klezmer Festival 2002 in Fürth vom 9.3. bis 17.3.2002

Beobachtungen zum Klezmer Festivals in Fürth (von Karen)

(Karen)

Sukke : Auch meiner Meinung nach ein sehr gutes Konzert. Die vier spielen gut zusammen. Die Lieder haben mir auch gut gefallen, war ein gutes, wenn auch nicht außergewöhnliches Konzert.

Klezmers Techter: Ein tolles Konzert. Franka Lampe hat eine sehr positive Ausstrahlung und das Zusammenspiel zwischen den dreien klappt wie am Schnürchen. Interessante Arrangements, schöne Lieder, virtuoses Spiel: Einfach prima.

Dienstag, 12.3.02, Stadttheater Fürth, Doppelkonzert "Helmut Eisel & Band / N'Achama-2" Helmut Eisel und Band mit seinem neuen Programm "Eisel bläst Brandwein".
Hier wurden Lieder, die durch Naftule Brandwein bekannt wurde, wieder aufgegriffen und neu interpretiert. Das gelang auch gut. Zwar ist der Stil Helmut Eisels nicht mein Geschmack, aber er ist ein Klarinettist von Weltformat und auch seine Band spielt schwungvollen, leicht jazzig angehauchten Klezmer. Ein wirklich gutes Konzert.
Nach der Pause dann der in Fürth wohnende Sänger und Akkordeonist Igor Milstein mit seiner Band N'Achama-2. Es fällt mir schwer, zu dieser Gruppe eine gerechte Kritik abzugeben. Igor Milstein singt jiddische Lieder und hat auch eine schöne Stimme. Seine Band (Kontrabass, Klarinette, Violine und Klavier) spielt auch sehr ordentlich, von dieser Seite findet man also nichts auszusetzen. Das Problem lag für mich in der Präsentation der Musik: Während Igor Milstein mit betont neckischen Bewegungen seine Lieder zum Besten gab, verzog der Rest der Band keine Miene, wie versteinert standen und saßen sie da. Diese Kombination wirkte auf mich rasend komisch. Die Mischung aus dem beschwingt herumhüpfenden Sänger, der die schrecklichsten Schnulzen zum Besten gab (Höhepunkt "Hava Nagila") und dem verbissenen Schlagzeuger, der auf einem elektronischen Schlagzeug mit unsäglichem Klang spielte und dem einmal der Notenständer umfiel und kurz danach ein Schlagzeugstock wegflog, diese Mischung also fand ich köstlich. Aus diesem Grund kann ich die Qualität der musikalischen Darbietung nicht unbefangen beurteilen. Das restliche Publikum hat sehr gemischt reagiert: Zum Teil sind sie gegangen, zum Teil haben sie mitgeklatscht, am Schluß war sogar ein lautes "Bravo" zu hören.

Mittwoch, 13.3.2002, Fürther Stadttheater, Frejlech
Bei der Gruppe Frejlech handelt es sich um eine österreichische Gruppe aus Wien. Das in Fürth gespielte Programm "Tschiribim" ist weniger ein Konzert als vielmehr ein kurzweiliger Abend mit Musik. Der Bandleader Roman Grinberg führte durch das Programm und gab mit wienerischer Nonchalance Anekdoten zum besten, die man im weitesten Sinne als "jüdische Witze" bezeichnen könnte. Die dazwischen dargebotenen Musikstücke waren größtenteils jiddisch gesungene Lieder. Die Arrangements dieser Lieder waren sehr gefällig und glatt gehalten, manchmal glitten sie auch ins süßlich kitschige ab. Ich persönlich fand manche Lieder etwas schwer zu ertragen (z.B. Papirossen in einer Art Sprechgesang mit leicht brüchiger Stimme vorgetragen), die Anekdoten fand ich eigentlich ganz amüsant, wenn auch größtenteils nicht mehr neu. Allerdings kenne ich mindestens zwei Personen, die in der Pause das Theater enttäuscht verließen, weil ihnen die Darbietung zu banal und der Stil der Lieder zu gefällig war.
Alles in allem: Nicht mein Geschmack, findet aber sicher sein Publikum.

Donnerstag, 14.3.2002, Comödie im Berolzheimerianum, Trio Mazl Tov
Das Trio Mazl Tov stammt aus Ekaterinenburg und präsentierte ihr Programm "Sholom Sholom". Es handelt sich bei dem Trio um die Bandleaderin am Klavier, einen Violinisten und einen Klarinettisten. Auch diese Gruppe konnte mich nicht recht begeistern, obwohl auch sie im Grunde gute Musiker sind. Die Arrangements der altbekannten Lieder sind zum Teil ganz originell, aber ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier alles nur auf möglichst große Wirkung abzielte und nicht wirklich "echt" war. Die am Klavier gespielten Läufe kamen mir wie Etuden vor und sollten für mein Gefühl vor allem das Können der Pianistin präsentieren. Auch die Parts des Violinisten und des Klarinettisten fand ich nicht ergreifend sondern eher handwerklich geplant. Das Konzert ließ mich kalt, mir fehlte das "Kitzeln im Herzen".

Sonntag, 17.3.2002, Stadthalle Fürth, Brave Old World
Eigentlich bin ich kein Brave Old World Fan. Ich hatte sie vor einigen Jahren gesehen (es war eines meiner ersten Klezmer-Konzerte) und mir gefiel es nicht so besonders. Ich bin wahrscheinlich zu konservativ. Ihre zum Teil langen Improvisationen sind nicht so mein Fall. Deshalb ging ich auch nicht mit allzu großen Erwartungen ins Konzert. Aber ich erlebte dann eines der beeindruckensten Konzerte der letzten Jahre. Es handelte sich um ein abgeschlossenes, knapp anderthalbstündiges Programm, deshalb gab es auch keine Pause. Ich brauchte aber auch keine, ich war so gefesselt, dass mir die Zeit wie im Flug verging. Es war "Dus Gezang fin Getto Lodz: 1940 - 2002", das sind Lieder und wohl auch Gedichte, die Überlebende des Ghettos Lodz nach dem Krieg überlieferten. Brave Old World erhielten Zugang zu diesem Material und haben daraus ein sehr ergreifendes und beeindruckendes Programm gemacht. Sie bekamen dafür dann auch den verdienten Applaus, wir ließen sie erst nach drei Zugaben wieder gehen.

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